Die Straßen im 8.Wiener Bezirk sind regennass. Es ist ungemütlich kalt. Keiner der Abende, die zum Bummeln durch die Gassen einladen. Eine Straßenbahn rumpelt vorbei. Traurig graue Schneereste liegen an den Gehsteigkanten. Durch die Fenster einer Eckkneipe sieht man voll besetzte Tische, lachende Menschen und gut gefüllte Teller. Also nichts wie hinein. Wir werfen einen kurzen Blick auf die Karte, die mit Pinnwandnägeln etwas lieblos in einem Kasten hängen. Eine grelle Funzel taucht die Blätter in ein bläuliches Licht. Was auf der Karte steht, lässt Gutes erwarten. Von Gulasch, Schnitzel und Tafelspitz ist die Rede, von Paradeisersoße und Erdäpfelpüree. Einladend klingt das. Also nichts wie hinein in die „Fromme Helene“!
Theater in der Josefstadt
Zu fortgeschrittener Stunde treten wir ein. Noch etwas vorsichtig, den einen erfolglosen Versuch etwas Gutes zu speisen haben wir bereits hinter uns. Viel Zeit bleibt nicht mehr, bevor die meisten Restaurants ihre Küchen schließen.
Unsere Erwartung ist also gering. Zu groß der Wunsch einfach überhaupt noch etwas zu essen zu bekommen, Und natürlich passiert genau jetzt das Unglaubliche, das das Leben und das Reisen auf verlässliche Weise immer wieder zu einem schönen Abenteuer macht. Je unwahrscheinlicher es scheint, das Passende zu finden, desto verlässlicher trifft man es an.
Die „Fromme Helene“ ist ein Eckrestaurant mit unterschiedlich abgeteilten Bereichen. Hinter der, mit Auszeichnungen für den besten Tafelspitz Wiens tapezierten Eingangstüre, gelangt man in die Gaststube mit einem großen Tresen. Eine Treppe abwärts gibt es einen großen, für Gesellschaften genutzten Gewölbekeller und im Sommer gibt es einen schönen Garten. Wir nehmen in keinem dieser Bereiche Platz. Der Ober geleitet uns durch eine schmale Tür in ein kleines Separee. Hier bekommen wir einen kleinen Tisch in einer romantisch ausgeleuchteten Ecke.
Die Wände um uns herum sind mit Portraits tapeziert. Die Fromme Helene ist, man sieht es daran, eine Schauspielerkneipe, die durch das nahe Theater gern von Zuschauern und Darstellern aufgesucht wird. Vom Tisch neben uns schwappt die fröhlich ausgelassene Stimmung einer gut gelaufenen Vorstellung herüber.
Schnitzel oder Tafelspitz?
Als wir die Karte bekommen, sind wir erst einmal überfordert. Viel zu verlockend klingen die Gerichte und die Wahl fällt nicht leicht. Lässt man sich auf den, in der Frommen Helene allgegenwärtig gepriesenen, Tafelspitz ein oder bleibt hart und bestellt das schon zu Hause mit Heißhunger ersehnte Wiener Schnitzel? Wir haben Glück, sind zu zweit und können notfalls teilen. Also bestellen wir beides.
Das schmeckt hier: Tafelspitz, Wiener Schnitzel, Gulasch, Wild, Innereien, Vegetarische Gerichte, Polnische Spezialitäten
Kurze Zeit später steht der Tafelspitz mit Kren für 17, 80 € und ein Wiener Schnitzel von der Kalbsschale mit Erdäpfel-Vogerlsalat ebenfalls für 17, 80 € vor uns auf dem Tisch. Als Weinbegleitung taugt ein Gemischter Satz. Wo, wenn nicht hier, schmeckt er besser? Der Tafelspitz zergeht auf der Zunge und die krosse Kruste des Kalbsschnitzels ist gelungen.
Das Essen ist fantastisch und die Atmosphäre des Lokals könnte authentischer nicht sein. Wir sind in Wien angekommen und das spürt man. Die Gäste werden weniger. Es ist Zeit noch einen kurzen Rundgang durch das Lokal zu machen.
An den Wänden fallen die vielen Theaterplakate auf und eine Vorliebe für die Monarchie können die Eigentümer ebenso kaum leugnen. So ist die Fromme Helene nicht nur Restaurant, sondern irgendwie auch ein Stück Wiener Zeitgeschichte.
Anschauen und satt essen lohnt!
Restaurant Fromme Helene – Wien
Tafelspitz, Wiener Schnitzel, Gulasch, Wild, Innereien, Vegetarische Gerichte, Polnische Spezialitäten
Josefstädter Strasse 15/Lange Gasse 33
A- 1080 Wien
Telefon 0043 1 406 91 44
frommehelene.at
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Wir wollten in diesem Sommer nach Wien und waren so enttäuscht, als der Lockdown kam. Erst einmal alles gestrichen.
Aber wenn ich das hier so lese, bekomme ich doch wieder Lust. ;)
Wenn die jetzt noch vegetarische Varianten einführen, gehe ich auch hin ;)
So nett beschrieben.
Wir haben uns das angesehen. Hattest Du gut beschrieben. Thx