Tarsch. Südtirol. Alexandra Dell’Agnolo zündet die letzten Kerzen an, als eine Horde Architekturbegeisterter in ihr Elternhaus einfällt. Das klingt gefährlicher als es ist, denn Gäste ist die charmante Südtirolerin durchaus gewohnt. Vielleicht nicht immer so viele wie es heute zu den „Tagen der Architektur“ in Südtirol geworden sind, aber immerhin beständig, denn schließlich betreibt Alexandra Dell’Agnolo die Pension Gasthof „Zum Riesen“ in Tarsch.
Die geborene Vinschgauerin ist in die Fußstapfen ihrer Mutter getreten, hat das elterliche Anwesen, welches schon seit jeher als Herberge und Gasthaus genutzt wird, zu einem warmen Ort der Begegnung und einem stillen Rückzugsort gemacht. Zusammen mit ihrer Schwester, der Architektin Sylvia Dell’Agnolo, sanierte sie das Haus von den Grundmauern auf. Eine schwierige und langwierige Herausforderung, bei der die Schwester sie jedoch, durch ihr umfassendes Wissen über die traditionelle Bauweise in Südtirol ausgezeichnet unterstützen konnte. – Was entstanden ist, verdient mit gutem Gewissen das Prädikat: Historic Refugium, so wie sie es selbst auf ihrer Webseite nennt.
GASTHOF ZUM RIESEN
Karpoforusweg 1
39021 Tarsch im Vinschgau
Südtirol, Italien
Tel. +39 0473 720081
Wie alles begann
Das ist unser Elternhaus. Hier sind wir aufgewachsen. Es war immer das Dorfgasthaus.
erzählt Sylvia Dell’Agnolo, die dem Haus eine neue moderne Sprache gegeben hat. Gemeinsam mit ihrer Schwester haben sie den Gasthof, der seine Ursprünge im 14.Jahrhundert hat zu neuem Leben erweckt.
Sie haben die Umbauten der siebziger Jahre mit unsensibel heran gebauten Betonbalkonen beseitigt, historische Strukturen wieder sichtbar gemacht und neue zeitgemäße Elemente in die Architektur eingefügt.
Entstanden ist eine gemütliche Pension, die den Spagat zwischen Tradition und Moderne spielend schafft.
Wer das Gasthaus zum Riesen betritt, wird in der Diele empfangen. Sie macht den Mittelpunkt des Hauses aus und ist über eine grobe Steintreppe zu erreichen. Warum die Treppe so einfach ausfällt, darüber kann heute nur spekuliert werden. Möglicherweise handelt es sich um eine ehemalige Außentreppe, denn die Stallungen lagen im Keller. Im Erdgeschoss gab es schon immer eine Gaststube.
Viele Änderungen im Haus sind im Laufe der Jahre vollzogen worden. Wann immer etwas Geld da war, wurde etwas angebaut, die Wände verziert oder der jeweiligen Zeit und Mode entsprechend „modernisiert“.
Das opulente Deckengemälde mit Maria Verkündigung ist auf das 16. Jahrhundert zu datieren. Es wurde bei den letzten Umbaumaßnahmen aufwendig restauriert. Heute steht unter dieser Bemalung der Geschossdecke ein Flügel. Alle Türen dieses Stockwerks führen in die verschiedenen Gästezimmer. Ursprünglich waren es Privatzimmer, die erst in den siebziger Jahren zunächst in eine Männer- und eine Frauenkammer umfunktioniert wurden. Das gab lustige Abende, wie die Hausherrin lachend berichtet, denn Durchreisende machten hier Halt, weil sie Handel im oberen Vinschgau betrieben. Auch die Familie der Dell’Agnolos handelte zu dieser Zeit mit Nussholz und Tee. Nur der Gasthof bestand als zentraler Treffpunkt im Dorf schon immer.
In Frauenhand
Das Gasthaus wurde über all die Jahre von den Frauen der Familie betrieben und diese Tradition setzt sich bis in die Gegenwart fort. So hängt in der guten Stube des Hauses neben anderen Ahnen ein handcoloriertes Bild der Mutter, welches Alexandra voller Bewunderung für ihre Schönheit weiter in Ehren hält. Es hat einen besonders schönen und gut sichtbaren Platz verdient.
Einen kleinen Teil des Räumlichkeiten nutzen die Dell’Agnolos noch heute privat. Das ist besonders dort sehr charmant, wo man einen winzigen Blick in die Küche werfen kann und der Blick auf rot weiße Gardinchen und ein ebensolches Wachstischtuch freigegeben wird. Anheimelnder kann die Ausstattung eines hollywoodreifen Filmsets auch nicht sein.
Entspannung mit Aussicht
Wir dürfen einen Blick in die neu gestalteten Gästezimmer werfen und sind durch und durch begeistert. Aus kleinen Kammern wurden liebevolle Traditionszimmer mit modernen Badezimmerelementen. Ob die alten Betten nachts gemütlich knarren frage ich mich. Der Ausblick aus den Fenstern auf das obere Vinschgau ist jedenfalls betörend und ich mag mich kaum abwenden. Auch die vielen kleinen Details, wie alte Glaskaraffen und hübsche weiße Gardinchen und Vorhänge treffen meinen Geschmack. Im ganzen Haus stehen frische Blumen und jede Vase ist anders.
Wer es moderner mag, bezieht ein Zimmer zum Egghof hin, der auf der Rückseite des Hauses an schließt. Die mit Holz verschalten Balkone schützen und vermitteln gleichzeitig einen Hauch von modernem Wohndesign. Schlichte Holzmöbel sparsam gemischt mit ein paar Antiquitäten verleihen den Räumen Gemütlichkeit.
Wer abschalten mag, der findet in einer kleinen Sauna Ruhe und Entspannung.
Im Erdgeschoss des Hauses füllt sich derweil die Gaststube, in der Hausgäste am Abend speisen können. Auch ein gutes Glas Prosecco darf hier in Südtirol am Abend natürlich nicht fehlen.
Nur ungern verlassen wir an diesem Abend Tarsch. Die große Glyzinie, die sich eng an das Haus schmiegt, leuchtet in der Abendsonne. Auf der Karte locken Vinschger Köstlichkeiten und in einem Mauervorsprung warten Bücher auf einen Abend mit einem guten Glas Wein.
Glück haben die, die bleiben dürfen. Eine Nacht kostet 70-75 € pro Person mit Frühstück. Ich denke, beim nächsten Besuch stecke ich die Zahnbürste ein und bleibe…
Tipps zur Anreise nach Südtirol
Die klassische Pkw-Route Richtung Südtirol ist nach wie vor die Fahrt über den Brenner. Die Autobahn umgehen sollte nur, wer nicht durchreist, sondern in Südtirol bleibt. In diesem Falle empfehle ich die alte Landstraße über den Brenner. Sie bietet etwas mehr Abwechslung. Mehr Zeit muss man allerdings einplanen.
Als alternative Route gerade für das Vinschgau bietet sich der Reschenpass an. Landschaftlich sehr schön, mit vielfältiger Verlockung zum anhalten, pausieren. Die Fahrzeit hinein ins Vinschgau und hinunter ins Meraner Land sollte man nicht unterschätzen. Etwas Geduld tut gut.
Wer gern Kurven fährt, dem sind Jaufenpass und Timmelsjoch ans Herz gelegt, allerdings können diese in den Wintermonaten nicht durchgängig befahren werden.
Wer sich umweltgerechter verhalten möchte, findet geeignete Anreisemöglichkeiten mit Bus und Bahn auf der offiziellen Südtirol-Seite http://www.suedtirol.info/ oder hier: Mit der Bahn nach Bozen www.suedtirols-sueden.info/de/
In vielen Regionen Südtirols kann man sich gut und bequem mit öffentlichen Verkehrsmitteln und mit Fahrrädern bewegen.
GASTHOF ZUM RIESEN
Karpoforusweg 1
39021 Tarsch im Vinschgau
Südtirol, Italien
Tel. +39 0473 720081
→ Den Gasthof Zum Riesen in Tarsch habe ich anlässlich einer Führung der Tage der Architektur in Südtirol besichtigt. Zu diesen Tagen war ich von der IDM Südtirol eingeladen. Meine Meinung ist frei.
0 Kommentare zu “Was ganz psunders im Vinschgau: Gasthof Zum Riesen in Tarsch”