Salzburg / Hamburg – Auf den diesjährigen Salzburger Festspielen gibt es für mindestens einen Darsteller einen doppelten Grund zu feiern: der Schauspieler Peter Lohmeyer steht seit 2013 als Tod im „Jedermann“ auf der Bühne. Am 22. Juli 2020 spielt er die Rolle zum einhundertsten Mal. Seiner Begeisterung dafür, scheint das bis heute keinen Abbruch zu tun. Und auch die Salzburger verehren ihren „Tod“. So ziert er beispielsweise den Titel eines dicken Sonderheftes der Salzburger Nachrichten: „Die Weltbühne – 100 Jahre Salzburger Festspiele“. – Auf einer Lesung im Hamburger „Theater im Zimmer“ habe ich Peter Lohmeyer getroffen und konnte ihm einige Fragen stellen.
Titelfoto mit freundlicher Genehmigung Richard Schabetsberger
„…eine Woche später bekam ich den Tod angeboten“
Herr Lohmeyer, Sie spielen seit 2013 den Tod im „Jedermann“ auf den Salzburger Festspielen. Wie sind Sie zu dieser Rolle gekommen?
Ich habe angerufen. In der Süddeutschen stand an diesem Tag, dass ein Regisseur, mit dem ich schon zusammen gearbeitet habe, die Neuinszenierung macht. Und da wollte ich unbedingt dabei sein. Mich hat das Stück bei den Salzburger Festspielen damals gar nicht mal so gereizt, aber die Regie. Für diesen Regisseur gehe ich auch zu Fuß nach Australien. Und dann habe ich hingeschrieben. Dann meldete sich niemand. Dann habe ich angerufen und eine Woche später bekam ich den Tod angeboten. Hätte ich an dem Tag nicht die Süddeutsche gelesen oder wäre ich nicht hinterher gewesen, hätte ich es nicht bekommen. Nichts kommt von allein, das sage ich auch meinen Kollegen immer. So bin ich dran gekommen.
• Gemeint ist Regisseur Julian Crouch, mit dem Peter Lohmeyer am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg 2004 Shakespeares „Sommernachtstraum“ gespielt hat.
Tolle Zufälle, professionelle Herangehensweise, freut mich für Sie. – Nachdem Sie die Rolle übernommen haben. Wie lange sind Sie pro Jahr in Salzburg?
Etwa zwei Monate. Beim ersten Mal war ich zweieinhalb oder drei Monate da mit Proben. Jetzt ist es meist so Mitte Juli bis Ende August. Also vielleicht auch nur anderthalb Monate, aber so in etwa.
Mein kulinarisches Highlight in Salzburg waren die seltsam klingenden Gerichte → Hoargneistnidei und Stinkerknödel im Weiserhof. Ich weiß nicht, ob Sie davon schon gehört haben, aber ich weiß, Sie schätzen gutes Essen. Wenn Sie also in Salzburg sind: was ist Ihr Favorit? Wo oder was essen Sie gern?
Das ist eigentlich immer der Saibling aus dem Attersee. Ich esse da wahnsinnig gerne Fisch, weil die Seen rundherum liegen und er dort sehr frisch ist. Ansonsten esse ich wie im Urlaub, das worauf ich Lust habe. Man sollte eh nur das essen, worauf man Lust hat.
Es gibt so viele Angebote. Reichlich und gut. Ich könnte jetzt gar nichts sagen. Auf jeden Fall muss ich einmal alles durch haben. Ich muss ein Schnitzel gegessen haben, wenn ich weggereist bin, ein paar Mozartkugeln verdrückt haben und so. Ich bin ein Mensch der gern regional isst und sich in das, was dann da ist, auch so einbettet.
Letzte Frage: Vorteil Hamburg, Vorteil Salzburg?
Vorteil Hamburg: das Meer ist um die Ecke. Immer frische Luft. Ich liebe diese Stadt, weil sie viel Wasser hat.
Vorteil Salzburg: die Berge sind direkt um einen herum und es ist nicht so eine Hektik wie in Hamburg, obwohl es in Hamburg auch noch erträglich ist. Also kurz: die Berge, das Wasser.
Vielen Dank für das Gespräch Herr Lohmeyer.
Über die Salzburger Festspiele
Theater- und Filmregisseur Max Reinhardt, Komponist Richard Strauss und Dichter Hugo von Hofmannsthal gelten als Begründer eines weltweit beachteten Ereignisses, das jährlich im Sommer an traditionellen Schauplätzen der Stadt Salzburg stattfindet: die Salzburger Festspiele.
Eine besondere Rolle im Festspielprogramm nimmt der „Jedermann“ ein, da er bis auf eine angeordnete Unterbrechung in den Jahren 1938 – 1945 ununterbrochen aufgeführt wurde. Die Aufführung des Schauspiels „Jedermann“ des Österreichers Hugo von Hofmannsthal begründete 1920 den Beginn der 2020 einhundertjährigen Festspielära in Salzburg.
Über die Entstehungszeit sagt die Festspielleitung heute „In einer Zeit, in der es an allem fehlte, glaubte man an die Kraft der Kunst“. Ein repräsentativer Querschnitt durch klassische und zeitgenössische Musik und Kultur, dargeboten von den besten Musikern, Interpreten und Künstlern die sich finden lassen, soll heute dieses Erbe fortführen. Und speziell für das Jubiläumsjahr 2020 hat man sich noch einmal sehr eindringlich mit der Geschichte der Festspiele auseinandergesetzt.
„Kommen Sie nach Salzburg. Egal wie ausverkauft es scheint. Irgendwie kommt man immer noch hinein.“ (Peter Lohmeyer)
Helga Rabl-Stadler: „Jüdischen Bürgern ist es zu verdanken, dass die Festspiele in einer antisemitischen Stadt gegründet wurden.“
Helga Rabl-Stadler ist seit 25 Jahren Präsidentin der Salzburger Festspiele und verleiht Salzburg den Titel „The hottest Spot of Festivals“. Doch diese Entwicklung war ein langer Weg. 1920, als die Festspiele als katholisch-neobarockes Spektakel mit der Unterstützung wohlhabender Wiener Juden ins Leben gerufen wurden, ging es in erster Linie um die Wiederbelebung der Kunst in der durch Mozart geprägten Stadt.
1938 wurden die Festspiele im Sinne der „Rassentheorie“ der Nazis ideologisch uminterpretiert, Menschen jüdischer Abstammung waren unerwünscht und wurden vertrieben. Es sollen die einzigen Jahre sein, in denen der „Jedermann“ nicht wie gewohnt auf dem Domplatz aufgeführt wird. Ein Umstand der leider in der Nachkriegszeit kaum Beachtung findet und nicht korrigiert wird. Statt dessen ist es vielen Protagonisten, die sich während der Nazizeit hervorgetan hatten, möglich ihre Karrieren fortzusetzen.
Max Reinhardt, Bruno Walter und Berta Zuckerkandl gehören zu den berühmtesten ProtagonistInnen jüdischer Herkunft. Ihnen und vielen anderen ist daher im Jubiläumsjahr in Wien eine Ausstellung unter dem Namen „Jedermanns Juden. 100 Jahre Salzburger Festspiele“ gewidmet. Gezeigt werden Objekte aus dem Nachlass von Max Reinhardt, sowie zahlreiche Kunstwerke, die den Aufstieg der Festspiele, sowie die Lebenswege der handelnden Personen, ihre Karrieren und Fluchtwege nachzeichnet.
30.04. bis 04.10.2020 Museum Dorotheergasse Fast zeitgleich Vom 25. April bis zum 31. Oktober 2020 wird im Salzburg Museum die große Landesausstellung Menschen aus 85 Nationen haben in den vergangenen Jahren die Salzburger Festspiele besucht. 41 % kamen aus Deutschland, 38 % aus Österreich. Der Rest aus allen Teilen der Welt. Die 100. Salzburger Festspiele finden vom 18. Juli bis 30. August 2020 statt. – Ein Überblick über das Festspielprogramm: → Kalender und Programm
→ Mehr Infos auf der Seite des Jüdischen Museums Wien
→ „Großes Welttheater – 100 Jahre Salzburger Festspiele“ gezeigt.
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