Nassfeld Sportgastein

Süßholzraspeln und hohe Berge | Wanderung in Sportgastein

Naßfeld. Gasteinertal. Er kramt einen Moment in der Hosentasche und streckt mir die Faust hin: „Hier. Nimm. Die kannst Du mit nach Hamburg nehmen.“ Ich halte meine Hand auf, zwei Krümel fallen hinein. Süßholzwurzel und Meisterwurz. Das ist typisch Hans. Er lächelt verschmitzt, umarmt mich freundlich zum Abschied, dann rauscht er davon. In Nullkommanichts nimmt er die Haarnadelkurve vor dem Miramonte und schon ist er weg. Schade! Unsere unterhaltsame Wanderung durch das Naßfeld im Gasteinertal – einem Stück Nationalpark Hohe Tauern – hat mir reichlich Spaß gebracht. Aber von vorn:

Hans

Das längste Seitental der Ostalpen

Als Hans mich am Hotel abholt, ist es gerade mal Mittag. Die Sonne steht hoch über dem Gasteinertal, welches mit 38 km Länge als längstes Seitental der Ostalpen bezeichnet werden kann. Wir fahren von Bad Gastein taleinwärts Richtung Naßfeld und Sportgastein, wo zwei der insgesamt drei Talschlüsse  Richtung Süden zur Landesgrenze nach Kärnten weisen. Das Gasteinertal war bereits sehr früh ein Durchgangstal: ein beschwerlicher, aber möglicher Weg über die Alpen. Man fand Beweise für eine alte Römerstraße: ein Helm aus dieser Zeit kann heute im Montanmuseum Alt-Böckstein besichtigt werden.

→ Montanmuseum Alt-Böckstein – Dem Salzburger Gold auf der Spur ←

Für die Römer, die hier die höchsten Alpenübergänge ihres Imperiums bauten, war die Tour beschwerlicher als für mich. Sie legten für ihr Militär 3,10 m breite Straßen an, die maximal 14% Gefälle haben durften. Nur so war gewährleistet, dass die Wagen des römischen Imperiums die Pässe noch passieren konnten.

Wir fahren mit dem Auto an der alten Knappensiedlung in Böckstein vorbei, sehen zur linken den Zugang zum Gasteiner Heilstollen und halten kurz an der Evian-Quelle, weil Elfi mir empfohlen hat hier UNBEDINGT Wasser zu holen. Also gut. – Hans lacht, weil er jetzt schon weiß: So viel Wasser werde ich auf unserer kleinen Wanderung niemals brauchen.

→ Gasteiner Heilstollen | Wärme statt Gold ←

Wintersportparadies und Nationalparkidylle

In Sportgastein angekommen, parken wir das Auto auf der Freifläche vor den Liftstationen. Hans erläutert die Aufteilung des Gebietes, in Sportgastein als Skigebiet und das Naßfeld, welches dem Nationalpark Hohe Tauern zugeordnet ist. – Wir machen uns auf den Weg in das Tal, dass fast komplett flach vor uns liegt. Es ist eine wohltuende Weite, die sich hier auftut.

Die Wanderung ist so leicht, dass auch komplett ungeübte Wanderer und Familien mit Kindern hier super zurechtkommen werden.

Nur kurz hinter dem ersten Wiesenstück entdecken wir die ersten Pflanzen. Es ist Mai und der Schnee im Tal noch nicht so lange weggetaut. Die rote Pestwurz habe ich zwar schon häufiger in den Bergen gesehen, hätte sie aber bis heute nicht benennen können.

Auch viele andere Pflanzen kann der Nationalparkranger bestimmen und so lerne ich heute eine Menge hinzu. Wir entdecken kleine Glockenblumen, Brunnenkresse und Frauenmantel in dessen Blatt sich ein Wassertropfen verfängt, was dann in der Sonne immer so herrlich glitzert.

Außerdem gibt es hier drei verschiedene Sorten Enzian, den gänzlich blauen Frühlingsenzian, einen mit einem weißen Stempel und noch eine dritte Sorte, die dem kitschigen Enzian auf Postkarten ähnelt. Alle leuchten intensiv blau in der Sonne. Hier in den Bergen wirken sie tausendmal besser, als daheim in einem Blumentopf!

Das harte Leben der Knappen

In der Mitte des Tals passieren wir die Überreste einer etwas 600 Jahre alten Knappensiedlung. Das Gasteinertal ist bekannt dafür, dass hier bis in das letzte Jahrhundert Goldbergbau betrieben wurde. Das meiste fand man hier oben im Naßfeld.

Die Knappen führten ein bescheidenes und hartes Leben, von denen hier noch einige Überreste zeugen. Einfaches Berggestein wurde behauen und doppelt zu trockenem Mauerwerk aufgeschichtet. Durch die Schwere des Gesteins hielt sich alles gegenseitig. Mörtel wurde nicht verwendet. Das begünstigte, dass einige Mauern so stabil sind, dass sie noch heute in der alten Form erhalten sind.

Fenster gab es kaum und auch die Heizmöglichkeiten waren extrem eingeschränkt. Den Männern blieb nicht viel anderes übrig, als sich dicht gedrängt in den engen Räumen zum Schlaf zu legen. Das bedeutete Wärme, war aber aufgrund der sehr schmutzigen Arbeit oft sicher kein Vergnügen. Das Sprichwort „Erstunken ist noch keiner, erforen aber schon.“ ist in dieser Zeit entstanden.

Hans imitiert die Geräusche eines Hirsches und verschiedener Vögel, die sich total echt anhören und dazu führen, dass wir mit dem Feldstecher einige Tiere beobachten können.

Seine Fähigkeit dazu hat er sich in jungen Jahren erarbeitet, als er selbst als Jugendlicher zum Tiere hüten auf die Almen ging. Die Geschichten sind so lustig, dass ich noch stundenlang lauschen könnte. Eine Wanderung mit Einheimischen bringt eben immer noch etwas mehr Spaß, als einfach nur hier durchzulaufen.

Hans

Die Kunst des Süßholzraspelns

Aus den Knappenwänden wächst ein Farn heraus. Für mich ist es ein einfaches Rippenfarn, dass offiziell als Engelsüß bezeichnet wird. Hans erklärt, dass es im Volksmund Süßholzfarn heißt. In früheren Zeiten haben die Burschen diese Wurzeln gesammelt. Sie schmecken aromatisch süß und lassen sich ganz gut aufbewahren. Wollte nun einer der Burschen bei einem Mädchen landen, brachte ihr von dem Wurzelwerk mit. Es entstand der Bergriff des „Süßholzraspelns“.

Ich genieße die Aussicht aus dem Fenster der Knappenhäuser. Dann wandern wir über grüne Wiesen an der Moaralm entlang und schließen in einem langen Bogen den Kreis.

Ich sehe die Übergangsmöglichkeiten nach Kärnten und erfahre noch viel Wissenswertes über Wandermöglichkeiten und das Leben im Gasteinertal. Auch darüber, dass die Bauern ihre Kühe im Sommer hier oben in das Tal treiben und man dann den köstlichen Bergkäse von hier kaufen kann.

Mit einem großen Stück Apfelstrudel und einem Kaffee geht der Tag im Valeriehaus zuende. Ich habe Lust bekommen auf eine Hüttentour hier oben in den Bergen.


Nationalpark Hohe Tauern

Die Nationalparkranger bieten geführte Touren an.
→ nationalparkerlebnis.at

Auch der Gastein Tourismus ist behilflich bei allen Fragen rund ums Wandern in diesem Gebiet. Informationen:
→ gastein.com/de/wandern-nationalpark-salzburg


 

Ich war eingeladen zu dieser Wanderung. Danke an den Tourismusverband Gastein.
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Charis

4 Kommentare zu “Süßholzraspeln und hohe Berge | Wanderung in Sportgastein

  1. Yvonne Prager

    Das Salzburger Land ist ein sehr schönes Fleckchen Erde. Wir waren in einem wundervollen Hotel in St. Johann im Pongau, dass ich nur weiterempfehlen kann.

    • Das stimmt. Um in Sportgastein zu wandern, würde ich allerdings in Bad Gastein oder in den anderen Ortschaften des Tales übernachten.
      Du findest einige Hoteltipps für Gastein auf Schönste Zeit.

  2. Barbara Schulz

    Traumhaft schöne Gegend! Wir sind immer wieder gern da.
    Barbara

  3. Liebe Charis, danke für die sehr schönen Fotos des Tals und der Frühlingspflanzen! Es ist ein Genuß Deinen Bericht zu lesen und sich mit Dir zu freuen, dass es das alles noch relativ unberührt gibt – wenn man bedenkt, wie alles in den Alpen flach getrampelt wird! Herzliche Grüße Andreas

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