Karl Platino - Onkel Taa - Südtirol

Südtiroler Geheimnisse: Wer ist Onkel Taa?

fa409086accd47e1b32ecfc0a4d88d7bSüdtirol. Bad Egart. Wenn ich Karl Platino beschreiben müsste, sehe ich ihn als redegewandten, vielseitig interessierten Sammler vor mir. Denn genau so habe ich ihn kennengelernt. „Onkel Taa“ – der große Unbekannte, dem ein wunderbares Restaurant gehört, welches seine Tochter Janett bewirtschaftet und ein unglaubliches Museum mit einer Sammlung, die ihresgleichen erst einmal suchen muss.

Karl Platino ist Südtiroler. Getroffen habe ich ihn zusammen mit meiner Familie im Mai 2016.

Kapelle Restaurant und Museum Onkel Tall

Wer ist Onkel Taa?

Das Museum von Onkel Taa liegt sehr verkehrsgünstig, nur wenige Meter fußläufig von der Bahnstation Töll/Partschins entfernt. Wir hatten es bereits vor einem Jahr durch einen Zufall entdeckt, konnten damals jedoch aufgrund zu später Tageszeit nur noch zu Abend essen.

Ich erinnere mich noch gut an diesen Tag: das dämmerige Abendlicht, das verwunschen wirkende Gasthaus und die vielen seltsam angesammelten Dinge rund um das Haus. Es hatte eine ganz eigene Atmosphäre.

Nun, ein Jahr später, kehren wir am Pfingstsamstag zu ähnlicher Tageszeit zurück. Wieder ist es üppig grün und verwunschen und nach freundlicher Begrüßung durch Janett stromern wir ein wenig ums Haus.

Dann kommt „Onkel Taa“ in einem roten Pkw angefahren. Er steigt aus, schüttelt uns die Hand und irgendwie hat man das Gefühl, dass mit ihm die alte Kaiserzeit nach Südtirol zurückgekehrt ist. Ein bißchen sieht er jedenfalls so aus.

Karl alias „Onkel Taa“ schlägt vor, unsere kleine Führung rund um das Haus in dem weitläufigen Garten zu beginnen. In der kleinen Kapelle, die man auf dem Weg zum Hauptgebäude passiert, geht es los. Es ist ein kleiner Raum, ungemütlich und etwas feucht. Wie kleine Kapellen häufiger sind. Einladend wirken sie ja selten. Alles ist vollgestellt, sodass wir nicht alle in den Raum passen und noch etwas ist anders als in einer richtigen Kapelle: eine Bestuhlung gibt es nicht. Karl Platino beginnt zu erzählen. Von seiner Sammelleidenschaft und dem Platz an dem die Objekte ein neues Zuhause gefunden haben. In allem was er erzählt, ist eine große Liebe zu seiner Heimat zu spüren.

Turm Stausee Reschenpass

Die Kirchturmuhr der verschwundenen Stadt

Die Kapelle ist dunkel, für Fotos reicht es nicht und eigentlich muss man es ohnehin selber ansehen, weil die vielen selbstbemalten Steine, behauenen Holzstücke usw. eine eigene Geschichte erzählen. Vieles ist gesammelt, aber gerade rund ums Haus ist es auch eine Ansammlung ulkiger Kunstwerke, die Karl im Laufe der Zeit selbst erschaffen hat.

Wirklich überrascht bin ich, als er auf ein altes Uhrwerk zeigt und erklärt, dass es aus dem im Reschensee stehenden Kirchturm stammt.  Jeder kennt dieses Wahrzeichen, dass man auf dem Weg vom Reschenpass in das obere Vinschgau passiert. Aber dieses Uhrwerk hier? Einfach so in einer Ecke stehend? Ich bin beeindruckt!

Jetzt wird klar, dass Platino nicht nur einfach nur ein Mensch ist, der nicht wegwerfen kann, sondern, dass der gebürtige Südtiroler hier Zeitgeschichte konserviert.

Wir bummeln durch den verwilderten Garten. Eine alte Pumpe ist die letzte ihrer Art von der alten Vinschger-Bahn und lässt das Herz von Eisenbahnern höher schlagen. An einer anderen Ecke steht ein Stuhl mit riesigen Beinen. Den hat Karl gebaut.

Während unseres Spaziergangs rupft er an den Blättern neben dem Weg und meint: „Hier: das ist Giersch. Kannst Du ruhig essen.“ Es ist nicht das erste Mal, dass ich davon höre, aber das erste Mal, dass ich davon probiere. Hier in dieser Umgebung, scheint es mir so normal, wie die Sauerampferblätter meiner Kindheit. Meine Tochter kichert und Onkel Taa redet munter weiter. Alles wirkt so, als ob es gar nicht anders sein kann.

Ein letztes Mal halten wir draußen an, um den Bauerngarten hinter dem Haus zu bestaunen. Ein paradiesischer Blick öffnet sich hier. Noch ist es früh im Jahr, aber wir können erahnen, was sich im Sommer daraus entwickelt. Kräuter in frischem Grün sprießen und wir erfahren, was man an einer Pflanze essen kann (im Grunde nämlich fast alles). Einiges davon werden wir nachher auf unseren Tellern wiederfinden.

Ein Spaziergang durch die Kaiserzeit

Durch einen Seiteneingang gelang man in das eigentliche Museum – oder so wie wir direkt durch das Restaurant. Was sich jetzt eröffnet, ist nichts für Puristen.

Über und über stehen die Zimmer voller Vitrinen und die Wände hängen voll. Auch draußen hinter dem Haus geht die Ausstellung weiter.

„Mit fünfzehn hatte ich eine Mühle zusammen, mit achtzehn ein ganzes Stadl.“ erzählt Karl. Und so ging es weiter. Er hat gesammelt und gesammelt und irgendwann war er Onkel Taa und hat seine Schätze in dem Museum ausgebreitet.

Museum Onkel Taa

Zwei komplette Zimmer sind Raritäten des österreichischen Kaiserhauses gewidmet. Damit ist es eine der größten Sammlungen zu dieser Thematik, die es überhaupt in Europa gibt. Viele Originale sind dabei. Zeitdokumente und Erinnerungsstücke an die Kaiserin Elisabeth , auch als Sissi bekannt, die sich hier in der Umgebung von Meran gerne aufhielt. (Mehr darüber in der Beschreibung der Gärten von Schloß Trauttmansdorff). Wer wissen will, wie die Kaiserin zu Tode kam: hier wird man fündig.

Südtiroler Originale und andere Schätze

Weiter hinten ist ein kompletter Bauernladen aufgebaut. Er stammt aus dem Schnalstal. Einfach so bekommen hat Karl ihn nicht. Jahre hat er darauf gewartet. Dass der Besitz ihn stolz macht, spürt man noch jetzt. Man muss schauen und schauen. Alle Details kann man gar nicht erfassen.

Ein Durchgangszimmer ist voller Küchengeräte. An einer Seite stehen Steingutgefäße. Wir wundern uns. Sie passen eher nach Deutschland. Karl erklärt, dass sie aus dem Westerwald stammen. Dort wurden sie mit Wein gefüllt und kamen so nach Südtirol. Einige gingen gefüllt zurück oder blieben eben hier.  Mit der hölzernen Kartoffelpresse, die auf Beinen steht, erleichterte man sich das Kochen für viele Personen auf dem Bauernhof. Und so hat Gegenstand für Gegenstand eine Geschichte und Onkel Taa kann sie alle erzählen. Ein unwiederbringlicher Schatz!

Nun wird es noch einmal etwas gruselig: an einer Stelle des Hauses geht es hinab in eine ionische Heilquelle. Sie befindet sich in einem düsteren Kellergewölbe und gehört zum ältesten Teil des Hauses, welches nachweislich seit 1430, vermutlich aber schon seit der Römerzeit für Trink- und Badekuren genutzt wurde.

Mir reicht die Schilderung, dass im Haus auch eine geprüfte und zugelassene Mineralwasserquelle existiert. Mehr kann ich inzwischen auch kaum noch erfassen. In die Quelle im Köllergewölbe würde ich mich jedenfalls nicht setzen. Spannend ist die Geschichte aber trotzdem und man sollte unbedingt einen Blick hinein werfen!

Vom Schusterbedarf über Puppen, bis zu speziellen Messern und  Spritzgeräten für den Weinbau. Hier bei Onkel Taa findet man alles. In einer Vitrine liegt ein Pelikan. Das ist ein seltsames Gerät mit dem man Zähne ziehen konnte. Sie wurden regelrecht aus dem Kiefer gerissen. Am Ende fragt man sich, wie Karl sich das alles merken kann, aber zum Glück hat er eine Tochter. – Janett hat begonnen nach und nach die Objekte zu beschriften.

Mich interessieren noch die Pfannenknechte, die in der Zeit zwischen dem 17. und 19- Jahrhundert in Verwendung waren und hier in Holz oder Metall zu sehen sind:

Der Pfannenknecht ist ein altes Hausgerät. Das Pfannenbrett besteht aus einer runden Holzplatte mit Stiel und Griff und diente zum Abstellen der heißen Bratpfanne und des Kaffeekessels auf dem Esstisch. 

In bäuerlichen Haushalten wurde früher direkt aus der Pfanne gegessen. Pfannenknechte hatten daher meist eine verstellbare Vorrichtung zur Auflage des Pfannenstiels, mit der die Pfanne dann schräg gestellt werden konnte. Gegen Ende der Mahlzeit waren die Reste so leichter heraus zu löffeln.  (Quelle: Museum Onkel Taa)

Wir haben genug gesehen und sind hungrig.

An einer langen Tafel im Restaurant lassen wir uns nieder, probieren die Spezialität des Hauses: die selbst gezüchteten Schnecken und einige andere Spezialitäten. Wer nach Südtirol kommt, muss hier her. Wer es nicht macht, verpasst etwas. Fest versprochen!


K.u.K. Museum Bad Egart – Onkel Taa

39020 Töll/Partschins (BZ)
Bahnhofstr. 17
Tel. 0473 967 342
Täglich geöffnet  10.30-16 Uhr außer Montags

♥ Führungen auf Anfrage
Restaurantgäste bekommen einen ermässigten Eintritt!
Erreichbar ist das Museum sehr gut mit der Vinschger Bahn oder dem Linien-Bus (213-A Meran-Partschins). Vom Bahnhof sind es nur wenige Schritte zum Museum!


 

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Charis

6 Kommentare zu “Südtiroler Geheimnisse: Wer ist Onkel Taa?

  1. Hello. Werden wir auf unsere Südtirol Liste nehmen.

  2. Andreas Gottlieb Hempel

    Liebe Charis, sehr schöner Beitrag zu einem wirklichen Südtiroler Original. Werde endlich mal wieder dort einkehren. Zum Ausgleich mein Tipp für den nächsten Südtirol-Aufenthalt: „Gasthaus zum Riesen“, Tarsch bei Latsch im Vinschgau. Ich habe einen Bericht darüber geschrieben, der hoffentlich bald in den „Dolomiten“ erscheint. Ich sende ihn Dir vorab mit getrennter Mail. Ja, Südtirol ist noch für Überraschungen gut – auch wenn die „ZEIT“ nur drei Anmeldungen für die von mir vorbereitete Reise in der ersten Oktoberwoche erhalten hat – abgesagt.
    Danke für die Ausführlichkeit Deines Textes mit gewohnt guten Fotos.
    Andreas

  3. Sehr schöner Bericht! Da werde ich im November mal einkehren.

  4. Margit Liebmann

    Servus Charis, wieder ein Beitrag, der anderen Art . Sehr schön. Werde ich mit meinen Gästen nächstes Jahr besuchen. Dankeschön für deinen Beitrag ! Margit aus Tübingen

    “ Auf den Spuren von Charis „

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