Auf der Fahrt in die Berge habe ich eine alte Postkarte dabei. „Pontresina“ steht in kleinen Buchstaben in der oberen linken Ecke. Die Aussicht ist vielversprechend: saftige Bergwiesen, städtisch anmutende Hotelbauten und weiße Alpengipfel sind zu erkennen. Auf der Rückseite der Karte schreibt ein Paul an ein Mäxchen nach Mannheim, wie schön es hier sei. Ob ich es auch so vorfinden werde? Schließlich ist die Karte schon rund 100 Jahre alt…
Ankommen in Pontresina: ein Bergdorf bleibt sich treu
Bei meiner Ankunft mit der Rhätischen Bahn regnet es, aber die Ansicht hat sich tatsächlich kaum verändert. Fast scheint es mir, als sei die Zeit ein wenig stehen geblieben. Der kleine Ort wirkt still, aber überhaupt nicht tot. Viele alte Häuser sind wunderschön hergerichtet und prachtvolle Hotels schenken dem Ort einen unvergleichlichen Charme.
Die hochalpine Gemeinde Pontresina liegt auf 1800 m in einem Seitental des Oberengadins. Von hier sind es nur noch wenige Kilometer bis zur italienischen Grenze. Sicher ein guter Grund, weshalb Pontresina nicht nur zwei, sondern dreisprachig ist: neben Schweizerdeutsch und Rätoromanisch wird hier von vielen Bürgern italienisch gesprochen.
Weil Pontresina auf der Südseite der Alpenkette liegt, erinnert auch die Anzahl der Sonnenstunden bereits an südlichere Gefilde. Allein die Höhe sorgt für die schweiztypische Kälte: Pontresina ist ein Luftkurort. Wer hier anreist, der sollte auf jeden Fall eine warme Jacke im Gepäck haben.
Der Spaziergang durch den Ort hält sich in einem überschaubarem zeitlichen Rahmen. Die Einzelhandelsgeschäfte sind individuell: Von der Sennerei, über Drogerien, Schreibwaren und Handarbeitsläden bis hin zu modernen Auslagen mit regionalen Produkten und Zuckerbäckereien ist alles dabei. Pontresina ist ein natürlich gewachsener Ort, vor dem die Globalisierung Halt gemacht zu haben scheint. Alles wirkt sehr natürlich. Der sonst in touristischen Regionen so weit verbreitete Souvenir-Tingeltangel wird dem Besucher hier weitestgehend erspart. Mir persönlich gefällt das sehr.
Die Straßen sind unglaublich sauber. Selten habe ich einen Ort gesehen, auf dem man sein Marmeladenbrot auf der Straße ablegen könnte. Hier in Pontresina scheint das möglich.
Und dennoch gibt es hinter den Häusern ganz normale Bauerngärten, was ein kurzes Abbiegen von der Hauptstraße in die zahlreichen Seitengassen beweist. Die gut instand gesetzten Engadinerhäuser sind entweder aus viel dunklem verwitterten Holz oder im 17./18. Jahrhundert aus Stein gebaut und mit den, für diese Region typischen, Malereien verziert.
Besonders schön und noch viel älter ist die wundervolle Friedhofskapelle Sta. Maria, die einige Meter über der Ortschaft zu Füßen des Piz Albris (3.166 m.ü.M.) an einem Wiesenhang liegt. Sie wurde im 11. Jahrhundert erbaut und mit wunderschönen Fresken im 13. und 15. Jahrhundert verziert. – Im Inneren war das Fotografieren verboten. Ihr müsst also für ein paar Eindrücke selber hin…
In der Heimat des Graubündner Wappentieres
Rund um die Kirche befindet sich der Friedhof von Pontresina. Da die Gemeinde mit ca. 2.000 Einwohnern bis in die Gegenwart sehr klein geblieben ist, sind viele alte Gedenksteine erhalten. Die kunstvollen Steinmetzarbeiten vom Steinbock bis zur Bergsteigerausrüstung, sind den kurzen Spaziergang durch die Grabreihen unbedingt wert.
Von der Grabkapelle reicht der Blick bis weit über den Ort in die umliegenden Berge und hier beginnt die weithin bekannte Steinbock-Promenade, auf die ich in einem weiteren Artikel eingehen werde.
Der Steinbock, das Wappentier Graubündens, ist in Pontresina ohnehin allgegenwärtig. Da die Tiere in den Sommermonaten bis in den Ort kommen, ist Pontresina weithin als Steinbock-Paradies bekannt. Skulpturen an der Hauptstraße und an Gartenzäunen geben Zeugnis davon. Selbst ein Hotel ist nach dem für die Alpen so typischen Bock benannt.
Die Architektur der Hotels spielt in Pontresina traditionell eine besondere Rolle, denn viele Gebäude sind in der Blütezeit des Alpinismus entstanden und tragen die klassischen Merkmale der Belle Époque.
Mein persönliches Highlight ist das Grandhotel Kronenhof, in dem ich selbst gewohnt habe, aber auch das benachbarte Hotel Saratz, das imposante Hotel Walther oder das Hotel Albris mit der unschlagbar guten Engadiner Nusstorte vom Zuckerbäcker Kochendörfer sind sicher Anlaufstellen für einen gelungenen Urlaub.
-> In einem der Hotels hat übrigens Angela Merkel ihren Urlaub verbracht. Ihr könnt ja mal raten, in welchem…
Schließlich bleibt festzustellen, dass es rund um Pontresina tausend Möglichkeiten zum Wandern und Bewegen gibt. Wer sich informieren möchte, besucht das ortsansässige Alpin-Museum oder bestaunt Gebäude wie die Villa Gredig.
Mir persönlich erscheint Pontresina wie die bescheidene Schwester von St. Moritz. Ein eleganter, sonnenverwöhnter Ort, unaufgeregt und für Genießer wie geschaffen. Wer das Besondere liebt und Ursprünglichkeit und Natur nicht missen mag, der muss hierher.
♦ Anreisetipps nach Pontresina
Pontresina bfindet sich fast genau im Dreieck zwischen München (300 km) , Mailand (175 km) und Zürich (200 km). Es bitet sich also entweder eine Kombination aus Flug und Bahn an oder ein Mietwagen für alle die weiter weg wohnen.
Wer mit dem Bernina-Express reist, kann in Pontresina aussteigen. Die Linie verläuft durch den Ort. Auch andere Züge der Rhätischen Bahn bieten sich für eine Anreise an.
♦ Sehenswürdigkeiten in der Umgebung von Pontresina
Val Roseg, Bernina-Massiv mit Gletschern, Schweizer Nationalpark, St.Moritz, Zuoz, Scuol und zahlreiche bekannte Alpenpässe
Mein Anreise wurde von Schweiz-Tourismus finanziert. Vielen Dank.
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