Sie schmecken im Müsli und im Salat, werden zum Backen verwendet oder mit Schokolade überzogen. Kürbiskerne haben längst einen Siegeszug durch die Küchen der Welt angetreten. Doch während der steirische Kürbis auch in anderen Breitengraden wächst, dürfen für Steirisches Kürbiskernöl g.g.A. nur Früchte aus der Steiermark, dem Burgenland und Niederösterreich verwendet werden.
Wir wollten wissen was das Besondere am steirischen Ölkürbis ist und wie Kürbiskernöl traditionell hergestellt wird. Dafür haben wir die Haindl Mühle in Kalsdorf und die Schalkmühle in Ilz besucht. Beide Betriebe pressen noch heute nach handwerklicher Methode.
Wie viele Kürbisse braucht 1 Liter Steirisches Kürbiskernöl?
Ein steirischer Ölkürbis enthält durchschnittlich 300 bis 500 Kerne. Für einen Liter Steirisches Kernöl g.g.A. werden ca. 2,5 kg Kürbiskerne benötigt. Umgerechnet in Kürbisse bedeutet dies, dass für einen Liter Kernöl ca. 35 bis 40 Kürbisse verarbeitet werden.
Das Kernöl kann ganzjährig hergestellt werden, da die Kerne zwei bis drei Jahre haltbar sind. Das unterscheidet den Kürbis vom Wein.
Der steirische Ölkürbis: Was ihn einzigartig macht
Ohne ihn geht nichts: Der Steirische Ölkürbis (lat. Cucurbita pepo var. Styriaca) ist in der Tat eine Besonderheit. Denn während Hokkaido, Butternut und andere Varianten helle Kürbiskerne mit harter Schale hervorbringen, sind die Kerne der steirischen Frucht dunkel und schalenlos. Und damit einzigartig.
Erkennbar ist die steirische Frucht an den gelb-grünen Musterung. Die Schale ist glatt und wechselt erst im Reifeprozess von grün zu gelb-grün. So lange der steirische Ölkürbis unreif und grün ist, kann er normal zubereitet und gegessen werden. Tritt der Reifeprozess ein, dunkelt das Kürbisfleisch nach, wird hart, bitter und ungenießbar. Dadurch unterscheidet sich diese Kürbissorte ganz erheblich von den Speisekürbissen, die wir normalerweise in Supermärkten kaufen.
Dass die Kerne schalenlos sind, verdankt die Pflanze, die botanisch gesehen eine Beere ist, einer natürlichen Mutation. Und sie ermöglicht es den Ölmüllern heute, dieses einzigartige regionale Produkt herzustellen. Das, tief dunkle, intensiv und nussig schmeckende steirische Kürbiskernöl würde ohne diese Kürbisart nicht existieren.
Vom Kern zum Kürbis: Wie der steirische Ölkürbis wächst
Im Frühjahr beginnt für den Kürbisbauern die Bestellung der Felder. Die Aussaat erfolgt zwischen Mitte April und Mitte Mai. Die Samen werden in den Boden gelegt und beginnen zu keimen. Wenn das Wetter mitspielt und der Boden die richtige Temperatur hat, wächst nach etwa zwei Wochen eine zarte Kürbispflanze heran. Ist das Frühjahr sehr kalt und nass, kann dieser Wachstumsprozess drei bis vier Wochen dauern.
Nicht alle Pflanzen überleben diese erste Phase. Wo die Kürbissamen nicht aufgehen oder beschädigt sind, werden neue Kürbiskeimlinge gesetzt. Nach 8 bis 10 Wochen ist die Pflanze groß genug, um zu blühen. Da es männliche und weibliche Blüten gibt, sind Insekten auf den Feldern der Kürbisbauern sehr wichtig. Sie werden für die Bestäubung der Kürbisblüten benötigt. Die weiblichen Blüten machen es den Hummeln und Bienen schwerer, denn sie öffnen sich erst nach Sonnenaufgang und schließen sich bereits in den Mittagsstunden. Die männlichen Blüten bleiben länger geöffnet.
Hat die Bestäubung funktioniert, bildet sich innerhalb der Blüte ein Fruchtansatz. Dieser wächst dann genauso schnell wie die Kürbispflanze. Zwischen Mitte September und Mitte Oktober ist Erntezeit.
Interessanter Fakt: Die Anbauflächen für den Steirischen Ölkürbis haben sich seit 1990 verzehnfacht und liegen 2023 bei ca. 8500 Hektar.
Steirisches Kürbiskernöl g.g.A.: Ein grün weißes Gütesiegel mit Verpflichtungen
Wer Steirisches Kürbiskernöl g.g.A. kauft, kann sich aufgrund des Gütesiegels zu 100 Prozent sicher sein, dass es sich um ein Originalprodukt handelt. Die Flaschen sind an einer grün-weißen Banderole mit einer Kontrollnummer zu erkennen. Doch was verbirgt sich hinter dieser g.g.A.?
Um Steirisches Kürbiskernöl pressen zu dürfen, müssen die Ölmüller rund um Graz und in der Südoststeiermark bestimmte Auflagen erfüllen. Um die Reinheit des Produktes langfristig zu sichern, wurde 1996 eine Erzeugergemeinschaft gegründet. Sie legte Regeln für die Herkunft des Rohstoffes fest und bestimmte, wie und wo ein Öl gepresst werden muss, um das Gütesiegel der geschützten geografischen Angabe (g.g.A.) Steirisches Kürbiskernöl zu erhalten. Damit wurde die steirische Spezialität mit einem in Europa seltenen und streng kontrollierten Herkunftsschutz „geadelt“.
Die Voraussetzungen für das g.g.A. Siegel
• Sämtliche Kürbiskerne müssen von der Gattung des steirischen Ölkürbis stammen.
• Es dürfen nur Kürbiskerne gepresst werden, die in der Steiermark, im Burgenland oder in Niederösterreich gewachsen sind.
• Die Ölmühle muss entweder in der Steiermark oder im Burgenland beheimatet sein. Doch auch das ist auf bestimmte Bezirke limitiert.
• Die Ölgewinnung aus den Kürbiskernen erfolgt nach einem klassischen Verfahren: Mahlen, Rösten und Pressen. Außer Wasser und Salz als Presshilfe sind keinerlei Zusätze zugelassen.
• Nur das Öl aus der ersten Pressung darf das g.g.A. Siegel tragen.
Sowohl die Landwirte als auch die Ölmüller müssen für das Gütezeichen Beiträge zahlen. Durch genaue Angaben, wie viele Kerne produziert und wo und wie viel Öl daraus gepresst wurde, machen sie den Herstellungsprozess für den Verbraucher transparent. Anhand der Nummer auf der Kürbiskernölflasche kann der Verbraucher die Herkunft der Zutaten nachvollziehen.
Die klassischen Arbeitsschritte bei der Kürbiskernölpressung
• Reinigung der Kerne
• Mahlen der Kürbiskerne
• Schonende Röstung der gemahlenen Kürbiskernmischung
• Ölpressen
Steirisches Kürbiskernöl pressen: Zwei Betriebe, zwei Verfahren
Das Pressen des Kürbiskernöls erfolgt immer nach dem gleichen Schema. Die Herstellung unterscheidet sich jedoch von Ölmühle zu Ölmühle. Wir haben zwei Familienbetriebe in der Steiermark besucht und uns die Pressvorgänge erklären lassen.
Schalk Mühle in Ilz: Zwischen Mühlenmuseum und moderner Produktion
Die Schalkmühle ist ein Familienbetrieb in der sechsten Generation. Aus einem 1859 erstmals erwähnten Sägewerk wurde 1879 eine Mehlmühle, die bis 2021 bestand. Ergänzt durch eine Bio-Landwirtschaft mit rund 50 Hektar Ackerland produzieren die Schalks auch heute noch hochwertige Lebensmittel, zu deren Spitzenprodukten das Steirische Kürbiskernöl g.g.A. zählt.
Die einstige Mühle kann als Museum besucht werden. Im Untergeschoss des historischen Gebäudes ist eine Verkostung und ein Verkaufsraum untergebracht.
So presst die Schalk Mühle Steirisches Kürbiskernöl
„Wenn uns etwas wichtig ist, dann sind es Traditionen. Wir glauben an die Holzröstung.“
Für die Familie Schalk gehört das Rösten über echtem Holz zu den Grundpfeilern ihrer Kernölherstellung. Dafür sammeln und schlagen sie in den familieneigenen Wäldern und lagern das Holz rund um die historische Mühle, in der auch gepresst wird.
Kürbiskerne zwischen Steinplatten mahlen
Die Herstellung des Steirischen Kürbiskernöls beginnt mit dem Mahlen der getrockneten und ungerösteten Kürbiskerne. Diese werden in eine riesige Steinplattenmühle geschüttet. Ziel ist es, die Kürbiskerne nicht zu zermahlen, sondern fein zu pulverisieren.
Das so entstandene Kürbismehl wird in einem Topf aufgefangen. Es entsteht eine ölige Masse, die so zäh ist, dass man sie wie Ton formen kann. Etwas Wasser wird hinzugefügt, um die Masse aufzulockern. Außerdem Salz, das nicht der Geschmacksveränderung dient, sondern das Spritzen verhindert.
Rösten mit Holz
Der fertige Brei wird in eine Bratpfanne gegeben, die von einem Holzfeuer erhitzt wird. Hierbei ist viel Fingerspitzengefühl erforderlich. Damit das Kürbiskernöl nicht bitter schmeckt, darf die Temperatur nicht über 120 Grad steigen. Sie darf aber auch nicht unter 80 Grad sinken. Auch das würde den Geschmack beeinträchtigen.
Sobald das Wasser verdampft ist, beginnt die Pressung. Der richtige Zeitpunkt wird in der Schalker Mühle nicht durch Berechnungen, sondern durch die Erfahrung der Ölmüller bestimmt.
In der Presse wird der Brei mit Platten beschwert und mit 300 bar gepresst. Das Kernöl fließt mit etwa 80 Grad ab und ruht etwa eine Woche, bis sich die Schwebstoffe abgesetzt haben.
Schalk Mühle GmbH & Co KG
Kalsdorf 18
8262 Ilz
→ www.schalk-muehle.at
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So presst die Haindlmühle Kalsdorf Steirisches Kernöl
Die Haindl Mühle in Kalsdorf, südlich von Graz, wurde im 17. Jahrhundert erbaut und ist seit 1925 im Familienbesitz. Johanna und Alois Haindl führen den Betrieb gemeinsam mit ihrer Tochter Daniela bereits in der vierten Generation.
Das herausragende Merkmal der Haindl Mühle ist sicherlich, dass hier auch heute noch nach traditioneller Art Mehl gemahlen wird. Aber auch steirisches Kernöl wird hier gepresst:
Haindlmühle Kalsdorf – Kunstmühle und Ölpresse
Dorfstraße 75
8401 Kalsdorf bei Graz
www.haindlmuehle.eu
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Steirisches Kürbiskernöl – Verwendung
Steirisches Kürbiskernöl besitzt einen hohen Anteil an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Insofern zählt es zu den „gesunden“ Pflanzenölen. Es lässt sich gut zum Anmachen von Salaten verwenden. Ein steirischer Käferbohnensalat ohne Kürbiskernöl wäre praktisch undenkbar.
Steirisches Kürbiskernöl passt zu Salaten, zum Marinieren von bereits zubereitetem Fleisch, zu Eiergerichten oder auf Vanilleeis. Es kann aber auch zum Backen verwendet werden.
Bitte beachten:
Der Kürbiskern ist wie eine Nuss. Deshalb darf das Steirische Kürbiskernöl nicht in der Sonne stehen. Es wird ranzig. Dunkle Flaschen sorgen bei längerer Lagerung für eine gleichbleibende Qualität. Innerhalb von zwei bis drei Monaten sollte eine geöffnete Flasche verbraucht werden.
Danke. Was dazugelernt.