Südtirol.Aldein. Es ist ein trüber Junitag 2015 – für Südtiroler Verhältnisse zu frisch und zu nass. Wir sind zeitig aufgestanden, haben in aller Frühe die → Filzerin Rita auf dem Amorthof besucht und nun sitzen wir in einer Küche. Vor uns eine Tasse Kaffee und eine leckere Mischung aus Wasser und Sirup. In unterschiedlichen Farben abgefüllt stehen Flaschen vor uns auf dem Tisch. Sie haben kein Hersteller-Etikett. Jede davon wurde hier am Hof abgefüllt. Handgeschriebene Klebezettel mit Geschmack und Datum zeigen an was drin ist.
– Unser Plan sah anders aus: Zum Unichhof sind wir gekommen, um uns anzuschauen wie man Schüttelbrot herstellt. Danach sieht es heute nicht aus.
Am Tor zur Bletterbachschlucht
Um den Unichhof zu erreichen, mussten wir zum Weiler Lerch der Gemeinde Aldein fahren. Er liegt hoch über dem Südtiroler Unterland. Nur ein kleines Stück weiter beginnt das Unesco-Naturerbe Bletterbachschlucht. Die Lage des Hofs ist einzigartig und man hat bei guter Sicht einen super Blick vom Weiß-und Schwarzhorn über die Lagorai- und Brentagruppe bis hin zum Ortler. Der Unichhof, in der Region auch Anichhof genannt, ist nach Süden ausgerichtet und liegt auf 1400 Meter Meereshöhe. Er ist Mitglied des Südtiroler Verbunds Roter Hahn. Dieses Qualitätssiegel bekommen nur Höfe, die besondere Richtlinien erfüllen. Wer diese genauer nachlesen möchte, findet einen Artikel darüber hier im Blog. Auf jeden Fall hat der Unichhof zwei Blumen in der Kategorisierung, bietet hofeigene Produkte und Ferienwohnungen an und steht damit schon einmal recht gut da.
Hausgemachter Sirup und Kuchen aus dem Ofenrohr
Es nieselt. Die Gebäude des Hofs liegen auf dem Gelände verteilt. In der Mitte steht großes Haus, deutlich als Wohnhaus zu erkennen. Davor ein großer Stall mit Rindern und Schweinen und seitliche Nebengebäude. Außer den Kühen im Stall ist niemand zu sehen. Da für uns ein Termin zum Brotbacken vereinbart wurde und ich zu diesem Zeitpunkt noch an das Schüttelbrot glaube, machen wir uns auf die Suche. Wir treffen zuerst die Mutter.
Die Frau, der man anmerkt, dass sie in ihrem Leben viel gearbeitet hat, bittet uns freundlich in die warme Küche. Auf der Eckbank dürfen wir Platz nehmen, während sie den Kaffee bereitet und einen frischen Kuchen aus dem Ofenrohr zieht. Schüchtern ist sie nicht. Sie erzählt uns munter von ihrem Alltag. Wir erfahren, dass die Eltern mit zwei Söhnen den Hof führen. Ein klassischer Selbstversorgerhof, wie es nur noch wenige gibt. Hier findet man alles, was nach Landwirtschaft aussieht: Hühner, Kühe, Schweine, Getreide und Obst und vieles davon wird hier oben direkt verarbeitet.
Während wir auf ihren Sohn Robert warten, beginnt sie zu kochen. So wie an jedem Tag, wenn die Familie und alle die auf dem Hof zu tun haben, hungrig zum Mittag kommen. Es gibt einen klassischen Elektroherd, aber sie schwört auf den alten Herd mit Ofenrohr, den sie täglich anfeuert. Während wir noch fachsimpeln, welche Vorzüge diese Art des Kochens hat, kommt ihr Sohn aus dem Stall zurück.
Robert ist einer der beiden Gurndin-Söhne und um die vierzig. Gemeinsam mit den Eltern und einem Bruder bewirtschaften sie den Unichhof. Neben der Landwirtschaft gibt es einen Hofladen in dem man Säfte, selbst gemachte Marmeladen und Brot kaufen kann. Außerdem befinden sich zwei Ferienwohnungen im Haus. Durch die Nähe zum Hof, ein paradiesisches Ferienziel für Familien mit Kindern.
Glückliche Menschen? Glückliches Vieh!
Ich überlege, ob der Bauer glücklich auf mich wirkt und kann es nicht so recht sagen. Karg sind seine Sätze. Was er sagt hat Hand und Fuß und man merkt, dass er seine Arbeit gern macht. Er wirkt aufgeschlossen und lieb. Um seinen Alltag jedoch beneide ich ihn eigentlich gar nicht. – Jeden Tag produziert der Hof einen Milchcontainer mit 70 Litern. Damit die Milch um 7.00 Uhr auf die für den Transport erforderliche Temperatur von 6°C heruntergekühlt ist, muss der Bauer um 4.30 Uhr aus dem Bett. Und das Tag für Tag!
Die Lage des Unichhofs erlaubt den Abtransport direkt ab Hof. Bergbauernhöfe, die wir unterwegs immer wieder entdecken, haben Lifte gebaut, an denen die Milch ins Tal abgeseilt wird. Ich finde das spannend!
Nach so vielen Informationen wollen wir den Hof sehen. Der Stall ist direkt gegenüber und wird mit großen alten Holztüren verschlossen. Auf der Erde liegt Stroh. Es sieht nach Stall aus, aber nicht dreckig. Irgendwie so, wie ich mir einen echten Bauernhof ausmale und wünsche.
Die Kühe haben gelbe Marken im Ohr und jede hat einen Namen. Besonders die Kuh Lotte ist neugierig. Streckt man ihr die Hand hin schleckt sie die Finger ununterbrochen ab. Nach einem schrecklichen Leben in einer Aufzuchtmaschinerie sieht das hier nicht aus und das ist es auch nicht, wie Robert uns lächelnd bestätigt. Das wird noch einmal und sogar ganz besonders deutlich, nebenan im Schweinestall.
Vom Korn zum Brot
Nun wollen wir selbstverständlich noch die Mühle sehen, denn sie ist schon eine Besonderheit dieses Hofes und wurde von Robert vor ein paar Jahren wieder in Betrieb genommen. Sie befindet sich im Wirtschaftsgebäude, direkt neben dem kleinen Hofladen.
Das Brotbacken hat Tradition am Hof der Gurdins, die den Hof nun schon seit über einhundert Jahren in der Familie weitervererben und bewirtschaften. Voraussetzung ist, dass der Hof zunächst eigenes Getreide produziert. Dinkel, Weizen und Roggen werden angebaut, noch in alter Tradition zu Garben gebunden, gedroschen, gewindet und später hier gemahlen. Aus dem selbst hergestellten Mehl wird dann das Brot gebacken.
Für das Backen gibt es einen Holzofen im Nachbarraum. Ohne Künstliche Zusatzstoffe werden hier Aldeiner „Pitschn“, Breatlen, Dinkel- Schüttle- oder Apfelbrot gebacken. Nur eben nicht gerade heute. Wir müssen einfach wiederkommen!
Unichhof
→ Mitglied beim Südtiroler Verbund „Roter Hahn“ – Vermietung und Hofladen
Robert Gurndin
Lerch 21
39040 Aldein
T +39 0471 886747
Mobil +39 348 0663589
www.unichhof.com
Ohhhhh. Diese süße Kuh! Ich habe mich in Lotte verliebt! <3