Mozarts Geburtshaus in der berühmten Getreidegasse? Nicht besucht. Den Prunk der Erzbischöfe im Dom? Auch nicht. (Dabei hatte ich mir das im Montanmuseum Alt-Böckstein fest vorgenommen.) Selbst die berühmten Festspielhäuser habe ich nicht besichtigt und trotzdem glaube ich viel Interessantes und Berichtenswertes entdeckt zu haben. Meine Tage in Salzburg waren erfüllt und spannend. Sie gingen viel zu schnell vorbei. Salzburg steckt voller Leben, amüsanten Geschichten, traditionellen Geschäften und Handwerksbetrieben. Ich habe mich verliebt in diese kleine Weltstadt und freue mich über viele gute Gründe schon bald einmal zurückzukehren.
Sonne statt Schnürlregen
Mit dem Wetter habe ich Glück. Statt weltbekanntem Schnürlregen, erlebe ich Tage voller Sonne. Da Salzburg flächenmäßig überschaubar ist, muss niemand den Regen fürchten. Es gibt immer eine Möglichkeit sich schnell unterzustellen.
Ein Auto ist nicht erforderlich. Viele Sehenswürdigkeiten sind bequem zu Fuß zu erreichen. Innerhalb der Stadt, für Museumsbesuche usw. lohnt sich eine Salzburg Card. Öffentliche Verkehrsmittel dürfen damit kostenlos benutzt werden.
Und was die Anreise betrifft: die Ankunft am Salzburger Flughafen, bei dem man über das Rollfeld zur Abflughalle spaziert, ist in jedem Fall ein Erlebnis für sich. Mir hat das gefallen.
Heimatwerk – Produkte aus dem Salzburger Land
Mein Rundgang beginnt in der Goldgasse. Von hier sind es nur wenige Meter bis zum Residenzplatz, der an den Mozartplatz grenzt. Eine Statue erinnert an den Musiker, der hier geboren und im Dom getauft wurde. Es gibt ein Weihnachtsmuseum und im Dezember findet auf diesen Plätzen der weltbekannte Salzburger Weihnachtsmarkt statt. Dass der Komponist von Stille Nacht ebenfalls aus Salzburg kam, habe ich hier neu hinzu gelernt.
Zwischen Mozart und Residenz befindet sich ein großes Eckgeschäft: das Heimatwerk. 1946 gegründet, beschert es einen unfangreichen Überblick über Produkte aus dem Salzburger Land. Was mir nicht gefällt, ist, dass fremd produzierte Waren unter das Regionale gemischt ist. Das haben die Salzburger doch gar nicht nötig.Zu empfehlen ist das Heimatwerk auf jeden Fall, denn es gibt eine Dirndl-Näherei im ersten Stock. Während unten bunte Stoffballen auf ihre Verarbeitung warten, werden im ersten Stock traditionelle Trachten auf Maß von Hand genäht. Hübsch anzusehen ist das!
Heimatwerk – Residenzplatz 9 – +43662 844110
Domquartier
Vorbei am größten barocken Brunnen außerhalb Italiens (Foto oben), geht es nun zwischen Pferdekutschen und neuer Residenz ins Domquartier. Von hier aus hat man einen wunderbaren Blick auf Salzburgs größte Mozartkugel. So nämlich nennen die Einheimischen eine Skulptur des deutschen Bildhauers Stephan Balkenhol. Hebt man den Blick, schaut man auf die Festung Hohensalzburg.
Ich spaziere am Dom vorbei und streife das wohl älteste Restaurant Mitteleuropas, den St.Peter Stiftskeller (seit 803). Leider fehlt die Zeit für die bekannten Salzburger Nockerln, die man mir extra empfohlen hat hier zu essen. (Hole ich nach!) Wer mehr Zeit hat: Reingehen. Hier gibt sich auch so manch prominenter Besucher ein Stelldichein.
St. Peter Stiftskeller St. Peter Bezirk 1/4 5020 Salzburg • Austria Tel +43 662 84 12 68-0
Auf der anderen Seite des Domplatzes befindet sich ein kleiner Laden mit Gutem aus Klöstern. Während mich die Devotionalien nicht fesseln, bin ich in der Ecke mit den selbstgebrannten Schnäpsen und Weinen einem Ingwer-Likör der Mönche zum Opfer gefallen. Scharf, aber köstlich!
Spaziert man weiter, sollten die Stufen zur Stiftsbäckerei St Peter nicht übersehen werden. Der Verkauf direkt aus der Backstube ist für Besucher und Einheimische gleichermaßen ein nettes Erlebnis. Zeitig hinkommen lohnt. Bei meinem Besuch am späteren Nachmittag waren die Regale schon ziemlich leer. Der Wecken, den ich gekauft habe, hat richtig gut geschmeckt.
Trachtengeschäft Jahn Markl
Vom Domquartier geht es zurück in die belebte Altstadt. Direkt neben der Goldgasse befindet sich das alteingesessene Trachtengeschäft Jahn Markl, welches schon das Kaiserhaus belieferte. Ein kleiner Laden, vollgestopft mit Lederhosen, Socken und eigener Näherei. Die freundliche Besitzerin hat zwischen Tracht und Hauspatschen so viele lustige Geschichten zu erzählen, dass es für ein ganzes Buch reichen würde.
Jahn Markl Residenzplatz 3 5020 Salzburg | +43662 842610
Universitätsplatz, Markt und Buchhandlung Höllrigl
Wenige Schritte weiter erreicht man den Universitätsplatz, auf dem täglich ein kleiner bunter Markt das Stadtbild prägt. Von Obst über Speck und Backwerk bekommt man alles für den täglichen Bedarf. Im übrigen ist hier die Rückseite von Mozarts Geburtshaus zu sehen.
Wer nach geistigen Genüssen sucht, stattet der Buchhandlung Höllrigl einen Besuch ab. Sie gehört zu den ältesten Geschäften in Salzburg.
Buchhandlung Höllriegl | Universitätsplatz 18 | 5020 Salzburg | T. 0662 | 841146
Getreidegasse und Schirmmacher Kirchtag
Vom Universitätsplatz gibt es verschiedene Möglichkeiten zum nächsten Ziel zu gelangen. Durch steinerne Arkaden, durch die bereits Mozart flitzte, geht es herüber zur Getreidegasse, deren Name nicht wie vermutet von Getreide herrührt, sondern von Traben. Das Traben der Pferde, die hier hindurchzogen, ist damit gemeint.
Zahlreiche Zunftschilder über den Hauseingängen haben diese Straße sehr berühmt gemacht. Heute sind nur noch wenige Traditionshäuser übrig, wie ein alter Spezereien-Laden aus Mozarts Zeiten oder der Schirmmacher Kirchtag (seit 1903), dessen Fertigung ich besichtige.
Schirmmacher Kirchtag – Getreidegasse 22 +43662 841310
Leider ist die Getreidegasse inzwischen sehr durch weltweit bekannte Markenläden geprägt. Für uns ein Grund die Altstadt zu verlassen und den Rundgang auf der anderen Seite der Salzach fortzusetzen.
Das andere Ufer der Salzach
Das andere Ufer der Salzach nicht zu betreten, würde bedeuten einen wichtigen Teil Salzburgs zu verpassen. Deswegen geht es nun für ein paar Schritte hinüber.
Mich hat der Blick von der Altstadt auf das andere Ufer der Salzach sehr an Innsbruck erinnert, wenngleich hier die Nordkette fehlt und Salzburg mit 150.000 Einwohnern noch einmal deutlich größer als die Tiroler Landeshauptstadt ist (100.000).
Bis zum Gürtelmacher Schliesselberger sind es nur ein paar Schritte. Alles liegt dicht beieinander. Die kleine Gürtelfabrik ist in einem Haus untergebracht, welches früher an eine Kirche grenzte. Inzwischen ist diese lange nicht mehr da. Die ausgetretenen Marmorplatten im Flur sind ungewöhnlich groß und erinnern noch an den Weg der Bischöfe. Dort wo man früher die Kirche betrat, ist heute ein Lederlager und ein Meer an Riemen und Schließen.
Wer mag, kann sich einen Gürtel ganz nach seinen Wünschen anfertigen lassen. Die Produktion findet noch direkt in der angrenzenden Werkstatt statt.
Lederhaus Schliesselberger – Lederergasse 5 – +43662 873182
Knopferlmayer
Da ich bereits Stunden unterwegs bin, möchte ich nun zurück zum Hotel. Zurück über die Salzach geht es vorbei am 250 Jahre alten Kurzwarengeschäft Knopferlmayr.
Ein sympathisches Bild: vor unendlich vielen Schachteln mit farbig sortierten Knöpfen steht eine lächelnde Verkäuferin mit Kittelschürze. Ich bin mir sicher: sowas habe ich zuletzt in meiner Kindheit so erlebt. Wer in Salzburg einen Verschluss, Häkchen oder etwas vergleichbares sucht, wird gewiss fündig. Ein Kurzwaren-Paradies für Handarbeitsverliebte.
Knopferlmayer Salzburg – Rathausplatz 1 – +43662 842263
Lebkuchen und Kerzenmanufaktur Nagy
UPDATE: Die Manufaktur gibt es leider nicht mehr!
Ich gönne mir eine kurze Pause im Hotel Goldgasse. Dann geht es mit dem Taxi noch einmal los. Diesmal in die Salzburger Vorstadt in die Lebkuchen und Kerzenmanufaktur Nagy, die seit 1879 in Familienbesitz ist und noch heute von zwei Schwestern betrieben wird. Ich besichtigte die Werkstätten in denen die Kerzen gemacht werden und die Lebkuchen-Backstube.
Hättet Ihr gewusst, dass der Beruf des Lebzeltens und Kerzenziehers noch bis zur letzten Jahrtausendwende ein und derselbe Lehrberuf waren?
Lebkuchen und Kerzenmanufaktur Nagy – Sterneckstr. 22 5020 Salzburg | Tel +43 662 874740-13
Gasthof Weiserhof – Stinkerknödl und Hoargneistnidei
Nun habe ich Hunger. Zum Glück bin ich am Abend im Wirtshaus Weiserhof verabredet. Hier gibt’s exotisch klingende Gerichte wie Stinkerknödel und Hoargneistnidei auf der Karte. Vorstellen kann ich mir darunter wenig. Was es mit der Küche des Weiserhofes, dem Wirt Roland Essl und den Namen der Gerichte auf sich hat, sprengt den Rahmen dieses Berichtes. Auf jeden Fall hingehen! Die Küche ist ausgezeichnet. (Nachtrag: Das Restaurant gibt es leider so nicht mehr.)
Gasthof Weiserhof Weiserhofstr. 4 5020 Salzburg
Tag 2 – Vor den Toren Salzburgs – Rösterei 220°
Der nächste Morgen empfängt mich wieder sonnig. Heute geht es in die Salzburger Vorstadt.
In der Maxglaner Hauptstraße liefert die Brauerei Stiegl das Bier noch mit der Pferdekutsche an. Im Hintergrund sehe ich schneebedeckte Berge, dazu blauer Himmel und Pferde – Postkartenromantik vom Feinsten.
Meinen ersten Kaffee trinke ich bei 220°, einer jungen Salzburger Kaffeerösterei in der mir Margret, die Inhaberin viel über Herkunft und Qualität der von ihnen verwendeten Kaffeebohnen erzählt.
220° Rösthaus – Maxglaner Hauptstr. 29 5020 Salzburg | Tel +43 662 909897
Dann geht es per pedes weiter zu Brunnauer im Magazin, einem mit 2 Hauben ausgezeichneten Gourmetrestaurant. Wer das Besondere sucht, findet dies hier nicht nur auf dem Teller, denn der Innenarchitekt hat sich einiges einfallen lassen. Das Restaurant ist direkt in den Felsen geschlagen. Bei schönem Wetter kann man im schattigen Innenhof sitzen. Der Mittagstisch ist köstlich. (Nachtrag: Auch dieses Restaurant gibt es leider nicht mehr)
Brunnauer im Magazin Augustinergasse 13a 5020 Salzburg
Die restliche Zeit verbringe ich mehr oder minder vor den Toren Salzburgs.
Ich bummle ein paar Stunden durch das sehenswerte Salzburger Freilichtmuseum und besichtige die Fuchsmühle Anthering. Das ist eine alte Getreidemühle, die noch heute Mehl wie zu Großvaters Zeiten mahlt.
Es gibt so viel zu sehen, dass ich die Eindrücke erst nach und nach verarbeite. Jetzt wird klar, wieso ich in den drei Tagen überhaupt keine Zeit hatte, die klassischen Sehenswürdigkeiten eines Blickes zu würdigen. Was hättet Ihr getan?
Da ungeklärt bleibt, wie Salzburger Nockerln schmecken, welche der Mozartkugeln die Wahre ist und ob der Salzburger Schnürlregen wirklich so häufig, wie geschildert daherkommt, ist eines ohnehin klar: Ich muss so schnell wie möglich wieder her!
Mehr Infos zu Salzburg
Tourismus Salzburg GmbH – 5020 Salzburg – Tel. +43662 88987-0
Offenlegung: Salzburg Tourismus hat mich bei meiner Recherche unterstützt. Vielen Dank.
Liebe Charis, das war eine wunderbare Beschreibung der Stadt Salzburg, in die ich mich und auch in eine Salzburgerin heftig verliebt hatte. Das ist aber nun 50 Jahre her, vieles scheint geblieben und dennoch verändert. Schloss Mirabell und den Park von Hellbrunn (dort gab es im Sommer Musikfestspiele), die Salzburger Festspiele, Jedermann, den Mönchsberg, die Aussicht vom Gaisberg und die gemütliche Wirtschaft am Schloss Aigen wirst Du noch nachholen müssen. Mit Salzburger Nockerln haben wir amerikanische Touristen geschockt, die uns nach einem kleinen ortstypischen Nachtisch fragten – da traten die US-Augen aber hervor, als ein Kubikmeter süßer Schaum leicht gebräunt angeliefert wurde. Usw.usw…
Aber nochmals Dank für die gut geschriebene Auffrischung meiner auch im Schnürlregen und zugigen Wintertagen nostalgischen Erinnerungen!
Andreas