Der Pragser Wildsee am Rande des Hochpustertales gilt als einer der schönsten Seen der Dolomiten, möglicherweise sogar als der Schönste. Klickt man den Hashtag #lagodibraies auf Instagram, öffnet sich eine Liste mit tausenden Aufnahmen und viele Fotos haben mehr als 100 Likes. Nur wenige Bewunderer der Traumlandschaft wissen dabei, dass der Ort für 139 Menschen aus 17 Nationen das Ende einer dramatischen Odyssee bedeutete. Ein Ort, an dem sie sich endlich wieder sicher fühlen konnten, dem Tod durch die SS nur knapp entkommen und an dem sie Hoffnung und Mut für ein neues Leben geschöpft haben.
Die romantischen Bilder, auf denen Holzboote auf grünlichblauem Wasser vor nebelumwabernden Bergen herumschippern, verbreiten eine mystische Stimmung und es scheint nahezu unmöglich sich diesem Zauber zu entziehen.
Das führt dazu, dass der See, der auf einer Höhe von 1496 m.ü.M. liegt, zu einem Magneten für Besucher aus nah und fern geworden ist. Riesige kostenpflichtige Parkplätze für Pkws und Busse lassen an regnerischen Tagen erahnen, dass bei schönem Wetter das Ufer kein Ort der Ruhe sein kann.
♥ Mein Tipp: zu einer untypischen Zeit und bei nicht allzu schönem Wetter anschauen! Trotzdem schön!
Ruderboote im Wanderparadies
Wer den Pragser Wildsee besucht, findet mit etwas Kompromissbereitschaft einen Ort der Erholung, denn die Natur in der Umgebung hat einiges zu bieten. Zahlreiche Wanderwege führen um den See und durch die umliegenden Berge und auch der Dolomiten-Höhenweg Nr. 1, der von hier aus 150 km weit bis nach Belluno führt, beginnt hier.
Die auf dem See liegenden Boote können ausgeliehen werden und wer das kalte Wasser nicht scheut, dem steht im Sommer das Schwimmen in dem Bergsee frei. Aber Vorsicht: der See hat eine mittlere Tiefe von 17 m und eine maximale Tiefe von 36 m und wird, wenn die Zahlen stimmen, an der Oberfläche nur ca. 14°C warm.
Bootsverleih
Mitte Juni bis Ende September: täglich von 10.00 – 17.00 Uhr geöffnet
Preise: 1/2 Stunde 12,00 € – 1 Stunde 20,00 €
Am Ufer des Sees steht ein altes Grandhotel, dass im Jahr 1899 seine Pforten erstmals öffnete. Der Baustil gibt Zeugnis, wie mondän und luxuriös die Gesellschaft bereits damals in den Alpen logierte und noch heute sind einige Zimmer mit Originalmöbeln aus dieser und der Zeit bis 1930 eingerichtet. Wer das Glück hat, eines der Zimmer mit Balkon und Seeblick zu beziehen, dem steht am Morgen die unverbaute Sicht auf See und Berge frei.
ZeitgeschichtsArchiv Pragser Wildsee – Erinnerung an eine schwere Zeit
Wer sich für Geschichte interessiert, sollte unbedingt einen Blick in das Hotel werfen, denn es beheimatet neben dem Gaststättenbetrieb das „ZeitgeschichtsArchiv Pragser Wildsee“. Hier werden Originaldokumente aus den letzten Tagen des 2. Weltkrieges aufbewahrt. Sie erzählen die dramatische Geschichte der 139 Sippen- und Sonderhäftlinge der SS, die am 30.April 1945 im nahen Niederdorf befreit werden konnten.
Es handelte sich bei diesen Gefangenen um prominente Personen (Angehörige der Hitler-Attentäter, Geistliche, Angehörige ausländischer Regierungen u.ä.), die am Kriegsende als menschliche Tauschware vom KZ Dachau aus Richtung Süden verschickt wurden. Frauen, Männer, Kinder, die die Irrfahrt als einen Moment zwischen Leben und Tod beschrieben haben.
Nach einer für die Geiseln ohnehin lebensgefährlichen Fahrt über den stark umkämpften Brennerpass, gelang es in letzter Sekunde die Menschen aus den Fängen der SS zu befreien. Noch am selben Tag wurde die gesamte Gruppe in das Hotel am Pragser Wildsee gebracht. Dort nahm die Hotelbesitzerin Emma Heiss-Hellenstainer die Sippen- und Sonderhäftlinge auf und sie erlebten nach Monaten bzw. Jahren der Inhaftierung ihre ersten Stunden in Freiheit.
Die unterschiedlichen Nationalitäten der Gefangen führte dazu, dass diese den Ort später als einen ersten Ursprung für ein geeintes Europa bezeichneten. Diesem Gedanken fühlt sich das Haus bis heute verpflichtet.
Neben dem Archiv zur Befreiung der Häftlinge widmet sich die Sammlung weiterhin der Entwicklung des Tourismus im Hochpustertal, dem Beginn des Alpinismus in den Pragser Dolomiten und der Dolomitenfront im Ersten Weltkrieg, die in der Nähe des Hotels verlief.
Mehr Informationen
Fördervereins des Zeitgeschichtsarchiv → www.foerdervereinzgapragserwildsee.com
Zeitgeschichtsarchiv → www.archivpragserwildsee.com
Dokumentation „Wir Geiseln der SS“ → www.gebrueder-beetz.de/produktionen/ss-geiseln
Oh mein Gott…wie schön der See ist. Und das Hotel „Prager See“. Bisher waren wir immer in einem Hotel in den Dolomiten gastierend: Winklerhotels…auch sehr empfehlenswert.
Der Film über die Geiseln der SS ist wirklich sehenswert! Unbedingt anschauen, wenn er wieder einmal gesendet wird.
Leider ist der Pragser Wildsee meist völlig überlaufen. Vor ihm ist ungenehmigt ein riesiger Parkplatz angelegt worden. Das historische Hotel ist ein grandioses Architekturdokument und wirkt gerade in seinem etwas verstaubten Zustand faszinierend. Sehr zu empfehlen: der Rundweg um den See.
Andreas
Danke Andreas für den Hinweis. Die Doku kann man sich aktuell auch auf netflix ansehen, falls man es nutzt. Lohnt sich wirklich. Ich fand das sehr sehr interessant!