Vom Tal aus weithin sichtbar, entsteht am Platz der alten Bergstation ein multifunktionales Gebäude mit einem Museum für Bergfotografie. Die Eröffnung ist für die Wintersaison 2018/2019 geplant.
Nachtrag: das neue Museum Lumen wurde im Winter 2018/2019 eröffnet und kann seitdem besichtig werden.
Bruneck, das Herz des Pustertals
Eine Fahrt durch das Pustertal ist fast automatisch mit einem Besuch der Stadt Bruneck (ital. Brunico) verbunden. Wer ins Tauferer Ahrntal oder ins Gadertal reist: an Bruneck muss man vorbei. Kein Wunder also, dass der Tourimus in der ca. 16.000 Seelen zählenden Gemeinde im Laufe der Jahre deutlich zunahm und der Hausberg, der sogenannte „Kronplatz“, zunehmend von Einheimischen und Gästen erobert wurde.
Zu einer ersten Bergbahn, die 1963 von privaten Betreibern errichtet wurde, kamen zwei weitere hinzu. Auf Schloss Bruneck (in der Stadt gelegen) eröffnete Reinhold Messner 2011 eines seiner Museen: das → MMM Ripa. 2015 ein weiteres oben auf dem Berg: das von Zara Hadid geplante → MMM Corones. An diesem Projekt beteiligten sich die drei auf dem Berg aktiven Seilbahngesellschaften zu gleichen Teilen. Es ergab sich eine Win-Win-Situation für alle. Eine bedeutende Landmarke wurde gesetzt.
Aber auch eine Seilbahn kommt in die Jahre und überdimensionierte Abrisskosten für ein Anlage dieser Bauart können den Betreibern graue Haare wachsen lassen. Wie finanziert und baut man die neue Bahn und was macht man mit den alten Gebäuden? Die privaten Betreiber der Brunecker Seilbahn, allesamt aus der Region, greifen tief in die Tasche: von acht bis neun Millionen Euro Kosten für die neue Seilbahn ist die Rede. Eine Umnutzung der alten Bergstation findet zwar statt, doch das, was da passiert, will niemand gern auf Dauer so sehen. Öffentliche Gelder fließen keine. Oder zumindest nicht so, dass es sich nach außen hin erkennen lässt. Die 8000 Gäste, die den Kronplatz täglich besuchen, müssen die Kosten einspielen. Mit Attraktionen, die vorhanden sind oder durch neue Projekte begeistert werden.
„Fotos beweisen, was in den Bergen passiert.“
Um sich neben dem sportbegeistertem Publikum am Berg einer neuen Zielgruppe zu öffnen und Reinhold Messners lang gehegten Wunsch nach einem Tagungs- und Vortragsraum zu erfüllen, beschließen die Brunecker Seilbahn-Betreiber eine grundlegende Umnutzung der alten Bergstation. Hier auf 2.275 m soll das → Tiroler Archiv für Fotografie ein zweites Zuhause bekommen, im neu erbauten Haus der Bergfotografie. Die Fundamente bleiben bestehen. der Rest wird abgerissen.
Die Pläne sind ambitioniert. Von einem Kompetenzzentrum, einem neuen Tor zu den Dolomiten, ist im Pustertal die Rede. Neben dem Museum und multifunktionalen Räumen für ein fachinteressiertes Publikum, entsteht ein seitlich eingeschobener Riegel mit moderner Berg-Gastronomie. Große Fensterfronten, die am Tag das Licht nach innen, in der Nacht nach draußen lassen, bilden am Berg ein markantes Zeichen, eine leuchtende, weithin sichtbare Krone.
Mit der Planung und Umsetzung des Baus ist der Südtiroler Architekt Gerhard Mahlknecht betraut, den man in Bruneck bereits kennt. Das Pustertaler EM2 Architektenteam hat unter anderem Schloss Bruneck saniert.
Für die innere Ausgestaltung von LUMEN wird der Bozener Künstler Manfred Schweigkofler verpflichtet. Er, der sich bereits durch die Gestaltung eines Südtirol-Pavillions auf der Mailänder Expo 2015 einen Namen gemacht hat, schreibt ein Drehbuch für die neuen Räume.
Angelehnt an den außergewöhnlichen Platz, auf dem sich das Museum befindet und die Gegebenheiten, die die Struktur des alten Hauses mit sich bringt, gibt er den Blick auf die Archiv-Aufnahmen und real existierenden Umgebung frei. Der Blick soll sich öffnen, weit über die Grenzen der Alpen hinaus.
Über ein hohes Foyer, das die drei unabhängig voneinander geführten Gebäudeteile verbindet, geht es mit einem Lift in den oberen Teil des Hauses. Raum für Raum zurück ins Erdgeschoß geleitet, gleicht der Rundgang durch das Museum einer Wanderung ins Tal. Es ist ein Spaziergang durch unterschiedliche Themenwelten. Neben einer Wunderkammer, einer „Wall of Fame“ für die Pioniere der Fotografie, einer imposanten Riesenkamera, multimedialen Erlebnissen wie spektakulären 360° Filmen und einem Spiegelsaal, soll es thematische Abschnitte wie „Der politische Berg“ und „Adrenalin“ geben. Die zeitgeschichtlich wertvollen Fotografien aus dem Archiv werden von einem Südtiroler Unternehmen in großformatige Aufnahmen verwandelt. Zweimal im Jahr soll es wechselnden Ausstellungen geben, die das international bekannte Magazin → National Geographic kuratiert.
Was wir erkannt haben ist, dass die Pioniere der Fotografie den Blick auf die Berge auf eine gewisse Weise erst freigegeben haben! (Verwaltungsrat Kronplatz Seilbahn AG)
Wie sich die Öffnungszeiten gestalten, die Tagungsräume genutzt, wie Preise, Packages und Aktionen geschnürt werden, dafür gibt es von offizieller Seite noch keine genauen Angaben. Angedacht ist ein Restaurantbetrieb bis in die Abendstunden. Der → Südtiroler Sternekoch Norbert Niederkofler, der aus der Region stammt, wird als Kandidat für die Gastronomie genannt. Sein Projekt „Cook the Mountain“ basiert auf hochwertigen Zutaten aus der Region. Dem einen oder anderen ist er durch sein Wirken im → Fünf-Sterne Hotel Rosa Alpina in Alta Badia bekannt.
Egal, ob man den Weg auf den Kronplatz über die Seilbahn, den 2,5- 3 Stunden dauernden Aufstieg von Bruneck im Pustertal oder die einstündige Route von der Furkelpass-Seite antritt: oben am Kronplatz erwartet den Bergliebhaber in Zukunft neben Wanderwegen und Skipisten und dem MMM Corones mit seinen drei Blickachsen, ein spektakulärer neuer kultureller Treffpunkt: der für die Gegenwart aufbereitete Einblick in das Tiroler Archiv für Fotografie.
Die Eröffnung ist für Dezember 2018 geplant.
Kronplatz – Plan de Corones
Manfred Schweigkofler
Bozen
manfredschweigkofler.com/
EM2 Architekten
Gerhard Mahlknecht
I-39031 Bruneck
Dank an Herrn Dott. Andreas Schönhuber von der Seilbahn AG, mit dem ich Ende Mai den Rohbau besichtigen und ein Gespräch führen durfte. Ich war im Rahmen der Tage der Architektur Südtirol mit Uta Radakovich von der IDM unterwegs.
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