Die Idee eine eine Fango-Kur zu machen, stammte tatsächlich nicht von mir. Ich bekam den Aufenthalt von meiner Familie geschenkt, wie hätte ich ablehnen sollen? Neugierig ließ ich mich auf das Experiment Fango in den Euganeischen Hügeln ein. Zunächst vorsichtig und skeptisch, dann mit zunehmender Begeisterung und letztlich mit dem Effekt, dass es mir tatsächlich sehr viel besser ging. Mein Rücken war nicht mehr so verspannt wie früher, meine Laune positiv beeinflußt und das unumgehbare Stillliegen auf den Fango- und Massage-Liegen verbesserte nachhaltig meine Konzentrationsfähigkeit. Ich schaffte es wieder aufmerksamer zuzuhören oder einer unangenehmen Tätigkeit geduldiger nachzugehen.
Mein erstes Fango
8.00 Uhr morgens. Im Bademantel habe ich mich fein nach Anweisung zu meinem ersten Behandlungsmarathon eingefunden. Neonlampen beleuchten einen langen gelben Flur von dem von beiden Seiten Behandlungszimmer abgehen. Gelbe Wände mag ich überhaupt nicht. Die Türen stehen offen. Ich blinzele neugierig hinein und sehe mumienartige Umrisse auf den Pritschen liegen. „Ziemlich spooky “ schießt es mir durch den Kopf. Morgenmüde Gestalten sitzen brav auf den Stühlen an den Wänden und warten darauf hineingebeten zu werden.
An den Wänden hängen Bilder von blühenden Gärten. Ich denke an die Amalfiküste und La Dolce Vita. Die schlammverschmierten Eimer auf dem Wagen passen nicht in diese blühende Welt. „Gruselig!“ und „Sieht aus wie Zement.“ schreibt meine Familie, nachdem ich die ersten Fotos in die Heimat schicke. So ganz geheuer ist mir dieser Schlamm hier nicht.
„Fango. Frau Stank!“ ruft es von der anderen Seite des Flures und Annalina, meine Fango-Meisterin bedeutet mir ihr zu folgen. Ich lege den Bademantel auf einen bereitgestellten Plastikstuhl und stelle mich splitterfasernackt auf ein weißes Handtuch. „Aua!“ entweicht es mir, denn ohne weitere Warnung landet die erste Ladung heißer Fangoschlamm auf meinem Rücken. Annalina lacht. In gebrochenem Deutsch bemüht sie sich, mir die Angst zu nehmen, denn jetzt kommt der Teil, der wohl die meiste Überwindung von mir fordert.
Auf einer Metallpritsche liegen Tücher. Auf dem obersten, einem grauen Leinentuch, liegt ein riesiger Haufen Schlamm, der nun mit geschickten Bewegungen zu einem Bett in der Größe meines Rückens ausgebreitet wird. Etwas angewidert setze ich mich in den grauen heißen Haufen. Fast unvermeidbar eine Hand dabei hinein zu tunken…
„Hinlegen!“ wird mir nun mit freundlicher Stimme aufgetragen und todesmutig gleite ich hinein. Einmal links, einmal rechts verdreht: so muss sich ein Wildschweinfrischling in der Kuhle fühlen.
Annalina packt mit ihrem Gummihandschuh in die warme Masse und reibt Arme, Beine und die Füße ein. Nur eine Hand bleibt verschont. Auf die Knie kommt ein Extrahaufen.
Das graue Leinentuch wird über mir zusammengeschlagen und ich werde dick in die darunter liegenden Laken eingepackt. Ein weißes Handtuch obendrauf: jetzt bin ich selber eine dieser Mumien.
Von nun an heißt es zwanzig Minuten still liegen, schwitzen und warten. Aus einem Lautsprecher scheppern italienische Schlager und von draußen dröhnt Baustellenlärm herein. Entspannung stelle ich mich anders vor, aber Italien ist halt Italien. Immerhin blinzeln die ersten Sonnenstrahlen durch die Fenster in den Raum hinein.
Nach einigen Minuten wird mir der Schweiß von der Stirn gewischt. Mir fallen plötzlich die versteinerten Menschen von Pompeji ein und ein wenig fühle ich mich grad wie eine von ihnen.
Als die Schwitzkastenzeit vorüber ist, werde ich ausgepackt. Mit dem Gummihandschuh wird das überschüssige Fango von mir weg geschoben. Der Rest wird mit einem dicken Schlauch mit Gießkannendüse abgespritzt. – Vor meinem Geistigen Auge tauchen die alten Postkarten auf, die ich als Kind, neben einem Moorbad aufwachsend, immer angesehen habe: putzige kleine Nackedeis, denen mit einem Wasserstrahl der Po als erstes blank gespritzt wird. Was habe ich gelacht und nun bin ich selber dieser Nackedei.
Von der Dusche geht es in ein gefließtes Becken mit mehreren Stufen. Es unterscheidet sich unwesentlich von meinem Thermalbad im Miramonte in Bad Gastein, außer das dieses hier weniger luxuriös erscheint. Das Wasser wird mit Ozon angereichert, das aus einer antiquierten Apparatur aus der anderen Ecke des Raumes kommt.
Nach zehn Minuten Sprudelbad bin ich herrlich warm und weich gespült. Die anschließende Massage nehme ich gelassen und dankbar an.
Mehrere Male wird sich dieser Zyklus im Laufe meiner Fangokur wiederholen. Die Aufregung nimmt ab. Am Ende ich freue ich mich sogar darauf. Das Gefühl in einer Masse zu liegen, die nicht aufgewärmt werden muss, sondern die diese Temperatur direkt aus dem Bauch der Erde an die Oberfläche transportiert, hat etwas Faszinierendes für mich.
Das Schwimmen im Thermalwasser, italienisches Essen, gute Drinks am Abend und die herrlichen Bummelstunden durch Padua lassen den Alltag vergessen und nehmen dem Rücken die Verspannungen. Als die Tage vorüber sind, fahre ich fast ein wenig traurig ab. Der Kurbetrieb, der mich am Anfang eher abgestoßen hat, hat seinen Schrecken verloren.
Mit dem Pkw
Autobahn A4 Mailand – Venedig, Ausfahrt Padua West
Mit dem Zug
Bahn bis Padua. Dort vom Busbahnhof (12 km bis Abano) mit dem Linienbus, der alle 20 Minuten fährt
Mit dem Flieger
Flughafen Marco Polo in Venedig, dann Mietwagen für ca. 140 €/Woche, 45-60 Minuten Fahrzeit
Weitere Flughäfen: Treviso ca. 70 km, Verona ca 90 km , Bologna ca. 90 km entfernt
Weitere Infos über das Tourismusbüro www.visitabanomontegrotto.com
Ich möchte meinen Eltern danken. Es hat mir gut getan. ♥ ♥ ♥
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