Hoargneistnidei und ein Bier. Könnte ich jetzt von der Speisekarte wählen, würde ich genau das bestellen. Leider liegt mein Besuch im Gasthof Weiserhof in Salzburg schon ein paar Tage zurück. Außerdem wäre heute ohnehin Ruhetag. Samstag, Sonntag und an Feiertagen sperrt Roland Essl, der Wirt, den Laden zu.
Ruhetage am Wochenende in einer Gastwirtschaft heutzutage? Ein wenig befremdlich klingt das. Wer jedoch erst einmal im Weiserhof eingekehrt ist, versteht, dass es nur konsequent ist. Und außerdem völlig okay für die Gäste.
Das Wirtshaus als Treffpunkt
Der Gasthof Weiserhof liegt unspektakulär, aber dem Zweck entsprechend gut. In einem Salzburger Wohnviertel, mit einem einladenden Biergarten vor der Tür, wartet die Gastwirtschaft auf ihre Gäste.
Es ist ein richtiges Wirtshaus. Draußen mit Gartentischen unter Bäumen und Laternen und drinnen mit dunkler Bestuhlung und weißen Tischtüchern, denen man ansieht, dass sie durch eine Wäschemangel gelaufen sind. Die Wänden zieren Geweihe, an der Garderobe hängt die Tageszeitung und ein Hut. Gutbürgerlich wirkt es. Die Bedienung ist freundlich.
Während wir unser erstes Getränk serviert bekommen, beobachte ich, wie sich der Wirt an einem der Nebentische nach dem Befinden der Gäste erkundigt. Sie lachen zusammen. Die Stimmung wirkt gelöst. Auf den Tellern liegen ordentliche Portionen und ich habe Hunger. Von mir aus kann es losgehen.
Dass der Wirt so locker mit den Gästen schwatzt, hat das erste Eis schon gebrochen. Ich fühle mich wohl.
Hoargneistnidei und Stinkerknödel – Gerichte mit Geschichte
Die Karte ist klassisch unterteilt in Vorspeisen, Suppen, kleine fleischlose Gerichte, Hauptspeisen und Nachtisch. Viele Gerichte haben seltsame Namen. Hoargneistnidei, Stinkerknödl, Kuttelgulasch und Saumoas’n. Was ist das denn? Vor fast der Hälfte steht „Hausgemacht“. Als Roland Essl sich kurz zu uns an den Tisch setzt, schlägt er vor, sich einmal quer durch die Karte zu essen. Von jedem ein bisschen, damit ich mir einen Überblick verschaffen kann. Und er verspricht zu jedem Gericht noch ein paar Worte zu sagen. Dann steht er auf: „Ich muss jetzt in die Küche.“ Mich erwarten Gerichte mit Geschichte.
Den Auftakt macht ein Vorspeisenbrett. Gamssalami und Erdäpfelradikas, ein Aufstrich. Dazu gibt es selbstgebackenes Weiserhofbrot. Die Gamssalami schmeckt würzig und ist – natürlich – hausgemacht. Bis zu sechs Monaten hängt sie, ehe sie den richtigen Reifegrad erreicht. Ich habe nie darüber nachgedacht, dass sich das Tier im hochalpinen Gelände von besonders würzigen Kräutern und Wurzelstöcken ernährt und dass das den besonderen Geschmack dieses kostbaren Fleisches ausmacht. Essl erklärt es mit viel Liebe zum Detail. Er ist ein Koch, der sich nicht nur mit der reinen Zubereitung befasst. Er schaut genau auf die Herkunft der verarbeiteten Lebensmittel, sucht gezielt nach regionalen Produkten und stellt die verwendeten Gewürzmischungen allesamt selber her. Geschmacksverstärker und Glutamate haben in seiner Küche nichts zu suchen.
So fiel es ihm auch leicht, eine der jüngsten Lebensmittelinformationsverordnungen durchzuführen. Auf seiner Karte war es möglich, alle Allergene zu kennzeichnen. Er, der weitestgehend mit puren Zutaten aus der Region arbeitet, weiß selbstverständlich ganz genau, was drin ist.
Nach der Vorspeise kommen die Zwischengerichte. Oft fleischlos und aus bescheidenen Zutaten hergestellt. Bäuerliche Kost mit seltsamen Namen. Hoargneistnidei sind dabei und auch die Stinkerknödl. Gebratene Sauerkrautlaibchen verbergen sich hinter dem einen, eine Art Knödel aus Graukäs hinter dem anderen. Schmackhaft ist beides.
Ich erfahre, dass es sich um Gerichte aus dem Salzburger Land handelt. Vielfach Arme-Leute-Mahlzeiten, deren Rezepte im Laufe der Jahrzehnte fast verloren gingen und die sich wandelten, wann immer eine Magd oder ein reisender Handwerksbursche, neue Einflüsse aus seiner Heimat mit hinzugab. Das ist Roland Essls Spezialität. Der Koch, der aus einer Gastwirtsfamilie stammt, hatte irgendwann genug von mediterran angehauchten Querbeet-Gerichten des elterlichen Gasthofs. Er vermisste eine regional geprägte bodenständige Küche. Österreichische Zutaten, frisch gekocht und Portionen, die satt machen. Und das zu vertretbaren Preisen.
Zusammen mit dem Vater und einem befreundeten ORF-Restaurantkritiker rief er einen Wettbewerb aus, in dem Hörer gebeten wurden alte Rezepte aus der heimischen Küche einzusenden. Es entstand eine Sammlung, aus der Essl begann nachzukochen. Er verfeinerte sein Wissen, sammelte weiter. 2005 eröffnete er den Weiserhof und bietet nun genau das hier an: bodenständige Küche, im Haus gekocht zu bezahlbaren Preisen.
Sein volles Haus zeigt, dass es Bedarf gibt. Nicht nur Einheimische kommen, sondern auch namhafte Kollegen. Witzigmann und Trettl haben beispielsweise an seinen Tischen Platz genommen und sich durch die Karte probiert. Der Slow Food Gasthausführer hat Essl mit einer Schnecke ausgezeichnet.
Wer nach Salzburg fährt und bodenständige Küche mag, dem kann ich das Gasthaus nur empfehlen. Vergesst das Kuttelgulasch nicht zu probieren und grüßt mir den Koch! Danke!
Gasthof Weiserhof | Pächter Roland Essl
Weiserhofstraße 4
A 5020 Salzburg
essl@weiserhof.at
http://www.weiserhof.at
Reservierungen bitte nur per Telefon – +43 662 872267
Öffnungszeiten
Mo -Fr 11:00 – 24:00Uhr
Samstag, Sonntag und an Feiertagen geschlossen!
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Einfach nur genial.
Das Gasthaus sieht schon recht gemütlich aus. Und das mit den alten Rezepten gefällt mir gut. ich schaue selber auch oft in das Kochbuch meiner Oma.