Die bunten Wurzeln auf dem Titel von „Helvetia Vegetaria“ vermitteln ein Gefühl von Kargheit, doch dieser Eindruck sollte aufgrund der Dicke dieses wunderbaren Kochbuches gar nicht erst aufkommen. Carlo Bernasconi ist langjähriger Börsenblatt-Korrespondent in der Schweiz und zeichnet mit dieser umfangreichen Sammlung vegetarischer Gerichte ein gutes Bild über die Vielfältigkeit Schweizer Hausmannskost. Das Buch ist im AT-Verlag erschienen.
Vegetarische Küche: Trend oder Notwendigkeit?
Vegetarische Küche in der Schweiz und in anderen alpinen Regionen ist weit weniger eine Erfindung der Neuzeit. Vielmehr war sie über Jahrhunderte hinweg die Realität in bäuerlichen-landwirtschaftlich geprägten Gebieten. Die Menschen waren arm und arbeiteten hart. Gegessen wurde was preiswert und einfach verfügbar war. Satt machen sollte es natürlich auch. Für eine unkomplizierte Ernährung boten sich in erster Linie Obst, Gemüse und Getreide an, die in vielfältiger Form mit Milchprodukten Käse, Butter und Rahm zu spannenden Gerichten wurden.
Viele Rezepte in Bernasconis Buch sind weithin bekannt und schmecken ausgezeichnet. Gefunden hat der Autor sie in Rezeptsammlungen der Hausfrauen der Umgebung oder in geeigneten Archiven.
Das Buch ist eine Reise durch die Schweiz, die im Westen beginnt und nach 7 Kapiteln im Süden endet. Begleitet werden die Rezepte von Informationen über die Herkunft der Gerichte, von Foodfotos und Landschaftsfotografien von Juliette Chrétien und Thomas Stöckli und immer wieder auch von Illustrationen der Schweizerin Lynn Valance.
Wer eine logische Aufreihung der Rezepte erwartet, muss umdenken. Da die Sammlung nach Regionen geordnet ist, beginnt der Reigen immer wieder neu: Vorspeisen, Suppen, Hauptspeisen, Dessert. Gerade das macht das Buch jedoch nicht nur für eingefleischte Köche unterhaltsam.
Die vielfach schwer zu verstehenden Schweizer Rezeptnamen werden in den kompliziertesten Fällen ins Hochdeutsche übersetzt. Von „Scarpatscha“ ist die Rede, was so viel wie Käse-Brot-Auflauf bedeutet und von „Soichrutsuppe“ – Sauerkrautsuppe. Da ist es praktisch, wenn neben dem Rezept erklärt wird, dass sich hinter „Fotzelschnitten “ aus der Zentralschweiz unsere bescheidenen Armen Ritter verstecken.
Dieses Buch ist gleichzeitig ein Lehrbuch für all jene die, die Schweiz näher kennenlernen wollen. Ein einfaches Rezept mit typisch Schweizer Büschelibirnen habe ich kurz nachgekocht. Es hat fantastisch geschmeckt. Vielleicht was für die Feiertage?
Rezept für Schweizer Büschelibirnen
Zutaten
ca. 1 kg Büschelibirnen oder vergleichbare kleine Birnen
80 – 100 g brauner Zucker
1 Schuß Zitronensaft
1 – 2 Zimtstangen
Die Birnen gründlich abwaschen und in einen mittelgroßen Topf lose einlegen. Zimtstangen hinzugeben. Den braunen Zucker und einen Schuß Zitronensaft hinzufügen.
Die Birnen nun etwa 1/4 bis 1/3 hoch mit Wasser begießen. Auf dem Herd kurz aufkochen lassen, dann 20-40 Minuten leicht köcheln lassen bis sie gar sind.
Am Schluß die Birnen immer wieder mit der Flüssigkeit beträufeln. Auf einem Teller anrichten. Wer hat, kann sie in einen Spiegel aus Maroni-Mus auf den Teller legen. Köstlich!
Noch ein kleiner Ausschnitt der vorgestellten Rezepte:
Basler Mehlsuppe – Chilbisenf – Binätschtünne (Spinatwähe) – Süssmostcreme – Zwiebel Brot Suppe
Für all jene, die es mit dem Vegetarismus nicht ganz so streng nehmen, macht der Autor teilweise auch Vorschläge, wie das Gericht anderweitig ergänzt werden kann.
Helvetia Vegetaria
Autor: Carlo Bernasconi
ISBN: 978-3-03800-928-3
Einband: Halbleinen
264 Seiten
1176 g
Format: 20.5 cm x 29 cm
Preis € 45
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