In einer der letzten erhaltenen Handwerkergassen Merans duftet es verführerisch nach Schokolade. Durch runde Bullaugenfenster oder eine große Glasfront im Laden von 58 Chocolate können Passanten dem Chocolatier René Romen bei der sorgfältigen Herstellung seiner Schokoladen zusehen. Lässig gekleidet mit weißem T-Shirt, Jeans und einer dunkelblaue Schürze mit Nadelstreifen trägt er einen urbanen Style in die kleine Alpenstadt. Bei ihm werden Kakaobohnen noch von Hand verlesen, behutsam geröstet und zu feinen Tafeln verarbeitet.
Von der Meraner Hotelfachschule zu 58 Chocolate
Der Weg zum eigenen Schokoladenladen war für René Romen mit einigen Umwegen verbunden. Nach seiner Ausbildung an der Hotelfachschule in Meran sammelte er zunächst Erfahrungen in der Hotellerie und Sternegastronomie. Das weckte sein Interesse für die Patisserie. Drei Jahre als Produktionsleiter in einer Londoner Schokoladenmanufaktur vertieften sein Fachwissen, bevor er 2019 in seine Heimatstadt Meran zurückkehrte.
Warum 58? René ist in Mittlerplars in der Straße N.58 aufgewachsen. 58 bedeutet für ihn Heimat.
„Anfangs war die Idee wirklich nur das Produzieren und Weiterverkaufen“, erzählt René Romen. Doch schnell wurde klar: „Der Kunde braucht eine Fläche, wo er kaufen und zuhören kann.“ So entstand das Geschäft in der historischen Handwerkergasse am Rennweg. „Mir war wichtig, im Stadtzentrum zu produzieren, nicht in die Industriezone zu gehen“, erklärt der Chocolatier seine Standortwahl.
Bean-to-bar bei 58 Chocolate: Jede Bohne wird handverlesen
Die Herstellung der Bean-to-bar-Schokoladen bei 58 Chocolate folgt einem präzisen, handwerklichen Prozess. Jede Kakaobohne wird von Hand verlesen. Ein wichtiger Schritt, der den Röstprozess und damit auch den Geschmack beeinflusst. „Bruchstücke rösten schneller als ganze Bohnen“, erklärt René Romen. Nach dem schonenden Rösten bei niedriger bis mittlerer Hitze kühlen die Kakaobohnen aus. Die Schalen werden aufgebrochen, mittels einer sogenannten Windmühle vom Kern getrennt und dieser dann unter einer traditionellen Steinwalze zu Kakao gemahlen.
Wenn René Kakaobohnen röstet, zieht durch die Handwerkerergasse ein unnachahmlicher verführender Duft.
Nach dem Mahlen werden die charakteristischen Aromen der verschiedenen Schokoladensorten eingearbeitet. Die noch flüssige Masse wird conchiert und anschließend temperiert, bis sie den perfekten Glanz und die richtige Konsistenz erreicht. In transparenten Formen nimmt die Schokolade dann ihre endgültige Gestalt an. Jede einzelne Tafel wird nach dem Auskühlen von René persönlich in goldene Folie gehüllt und in die charakteristischen Pappschachteln verpackt. Ein letzter und ziemlich aufwendiger Handgriff, der die Sorgfalt des gesamten Herstellungsprozesses widerspiegelt.
Die Produktionszyklen folgen einem durchdachten System: „Ich mache 13 Sorten in zwei Monaten, eine Sorte nach der anderen“, beschreibt René seine handwerkliche Routine. „Dann gibt es einen Stopp, dann wird gereinigt, und dann beginne ich von vorn.“ Diese Methode garantiert nicht nur Qualität, sondern auch Authentizität: „Wenn zwischendurch eine Sorte ausverkauft ist, dann ist das eben so.“
Merano, Italy, Alpi: Die drei Schokoladen-Kollektionen
Das Sortiment von 58 Chocolate gliedert sich in drei charakteristische Linien:
Die Merano Collection mit klassischen Sorten wie Milk Colombia oder Dark Espresso.
Die Italy Collection mit mediterranen Aromen wie Pistazie oder Dark Orange.
Die Alpi Collection, die alpine Geschmacksnoten wie Minze oder Ziegenmilch interpretiert.
„Ich finde es falsch, wenn eine Auswahl 30, 40 Sorten hat“, erklärt René seine bewusste Beschränkung. „Da verliert sich der Kunde. Ich will lieber limitiert arbeiten, Geschichten präsentieren und die dann auch wieder beenden, wenn sie genug Zeit damit verbracht haben.“
Die Kollektionen von 58 Chocolate
Merano Collection
Milk Colombia (60% Kakao)
Dark Espresso (70% Kakao)
Milk Hazelnut (55% Kakao)
Dark Juniper (75% Kakao)
Dark Colombia (70% Kakao)
Italy Collection
Weiße Pistazie (Weiße Schokolade 40%, Pistazien)
Dark Orange (65% Peruvian Cacao, Orange Powder)
Dark Chili (75% Kakao, Chili)
Dunkle Schokolade mit Meersalz (70% Kakao, Meersalz)
White Cappuccino (Kakaobutter, Rohrohrzucker, Milchpulver, Kaffeebohnen)
Alpi Collection:
Minze (70% Kakao aus Kolumbien, Bergminze)
Erdbeer (58% Kakao aus Peru, Erdbeeren)
Ziegenmilch (58% Kakao aus Madagaskar, Ziegenmilchpulver)
Von Maroniherzen bis Sommereis: Saisonale Kreationen
Die Schokoladenproduktion folgt dem natürlichen Jahresrhythmus. In den heißen Sommermonaten wird die Anzahl der Schokoladenkreationen reduziert und durch Alternativen wie handgemachtes Stieleis ergänzt. Beim Eis kooperiert René mit Katrin von der Naturnser Eisdiele AiJoo. Ihr Eis wird von 58 Chocolate mit knusprigen Schokoladenhüllen überzogen. Die Kreationen werden dann in Naturns oder eben im Rennweg direkt aus einer kleinen Truhe im Shop verkauft.
Besonders spannend ist die herbstliche Zusammenarbeit mit dem Meraner Bäcker Ivo de Pellegrin vom FORNO, dessen Backstube nur wenige Schritte vom Schokoladenladen entfernt liegt. Gemeinsam stellen sie Maroniherzen oder auf Südtirolerisch „Kestnherzl“ her, ein limitiertes Produkt aus Maronimasse und knackigem Schokoladenüberzug. Das Besondere daran: Es werden ausschließlich die Maronen von einem Baum einer Bäuerin aus der Region verwendet. Sind diese aufgebraucht, endet die Produktion: ein klares Bekenntnis zu Saisonalität und Regionalität. (Wir haben die Maroniherzen probiert. Es war ein fantastisches Geschmackserlebnis!)
Auf Kakaoplantagen in aller Welt: Der Weg zur perfekten Bohne
Die Philosophie von 58 Chocolate ist klar: „Meine Schokolade soll einfach, direkt und klar sein. Und genauso schmecken“, sagt René Romen. Die Zutaten sind selektiert und, wo möglich, regional – bei fair produzierten internationalen Rohstoffen wird auf direkte Kontakte zu den Plantagen Wert gelegt.
So besuchte René im vergangenen Jahr zwei Kakaoplantagen in Costa Rica, deren Bohnen er heute verarbeitet. Auch wenn er als kleiner Handwerksbetrieb für den Import auf Zwischenhändler angewiesen ist – der direkte Kontakt zu den Erzeugern ist ihm wichtig. „In der Herstellung schmeckt das Produkt dann bei jedem ganz anders“, erklärt er. „Denn jeder Handwerker hinterlässt seinen Fingerabdruck.“ Das liegt an den vielen Details im Herstellungsprozess: „Wer das nachproduzieren wollte, bräuchte ein enormes Fachwissen und Betriebswissen. Er müsste genau wissen, welchen Zucker ich verarbeite, wie meine Walzvorgänge aussehen und vieles mehr.“ Jede Schokolade ist damit so einzigartig wie das Handwerk selbst.
Schokolade richtig genießen: Die Tipps vom Meraner Chocolatier
Ideale Temperatur: Zwischen 10 und 20 Grad, nicht gekühlt
Verkosten: Zwei- bis dreimal beißen, nicht nur lutschen, dann zergehen lassen
Spannende Kombinationen:
• Mit Rotwein oder hochwertigen Spirituosen
• Zu Käse verschiedener Art (Weich-, Hartkäse, Ziegen- oder Kuhmilch)
• Auf getoastetem Sauerteigbrot (zum Beispiel von FORNO)
• Als Zutat in herzhaften Gerichten wie Chili con Carne
Kontakt & Öffnungszeiten 58 Chocolate Shop Meran
René Romen
Rennweg 47
39012 Meran
Google Maps
• Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 11.00 bis 18.00 Uhr
Die Schokoladen von 58 Chocolate (um 8 Euro) sind auch erhältlich im:
• The Monocle Shop Meran
• Sub Lime Shop Bozen
• Vinum Vinothek Bozen
und in ausgewählten Südtiroler Hotels
Ruhige und grüne Ecken von Meran haben wir in diesem Artikel beschrieben:
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